Die Liebe zu Ferrari ist groß.

Vielleicht kommt diese Zeitreise für Lewis Hamilton gerade recht. Nicht ein paar Tage zurück zum niederschmetternden Doppel-Aus beim Großen Preis der Niederlande, sondern gleich mal ein halbes Jahrhundert beim so emotionalen Heim-Grand-Prix von Ferrari. 

Zu Ehren des ersten WM-Triumphes von Niki Lauda im Ferrari an diesem Sonntag vor 50 Jahren werden die Autos von Hamilton und dessen Teamkollegen Charles Leclerc in Rot und Weiß lackiert. So wie der legendäre 312T des im Mai 2019 gestorbenen Österreichers aus der Saison 1975.

Lauda: «Aus Niederlagen habe ich mehr gelernt»

Lauda steuerte auch maßgeblich Hamiltons Formel-1-Karriere, mit seiner Unterstützung landete der Brite einst bei Mercedes wurde dort zum Rekordweltmeister. Und nun, in einer Zeit, in der der Glanz des 105-maligen Grand-Prix-Gewinners und 104-maligen Polesetters im Ferrari schwere Kratzer abbekommt, wirkt ein Lauda-Credo wie eine wohl gemeinte Mahnung: «Gewinnen ist die eine Sache, aber aus Niederlagen habe ich mehr gelernt.»

Vielleicht überstand Lauda damals nicht nur deswegen seine Zeit bei Ferrari, sondern holte zwei seiner drei Titel im roten Rennwagen. Vielleicht hielt er deswegen den riesigen Erwartungen und der manchmal auch zerstörerisch wirkenden Kraft des Herstellers aus dem kleinen Örtchen Maranello Stand. 

Was Vettel, Alonso und Hamilton gemeinsam haben

Rückblick zum Jahresbeginn: Hamilton drehte erstmals Runden in einem Formel-1-Ferrari – und war hin und weg. «Es war eines der besten Gefühle meines Lebens», schwärmte er: «Es gibt Tage, von denen du weißt, dass du sie ewig in Erinnerung behalten wirst.» 

Bei Sebastian Vettel klang das Anfang 2015 so: «Ich werde nie vergessen, was heute passiert ist.» Vettel, gekommen als viermaliger Weltmeister von Red Bull, scheiterte beim Versuch, die titellose Zeit der Scuderia zu beenden. Vor dem gebürtigen Heppenheimer war das Gleiche dem zweimaligen Champion Fernando Alonso widerfahren.

2007 gewann zuletzt ein Pilot in einem Ferrari den Titel. Es war Kimi Räikkönen, der finnische «Iceman», der vom komplett eskalierten Stallzoff zwischen dem damaligen Rookie Hamilton und dem damals schon hochdekorierten Alonso bei McLaren profitierte.

Einen Niedergang bei Ferrari wie Hamilton erlebten aber auch Vettel und Alonso nicht. Als «nutzlos» bezeichnete sich der Brite bereits, hilflos und ratlos wirkt er immer wieder. Sein Sieg beim Sprintrennen in China – eine Ausnahme. Nicht ein Podestplatz in einem der bisher 15 Grand Prix – nur ein Ferrari-Neuzugang schnitt bisher schlechter ab: Didier Pironi blieb in seinen ersten 18 Rennen in den frühen 1980ern ohne Podestrang. 

Fan-Event in Mailand für die Hamilton-Seele

Dass Hamilton ausgerechnet in Monza nun dort stehen wird, wo die ersten Drei mit Gänsehaut-Garantie auf die Menschenmassen vorzugsweise in Rot oder mit roten Fahnen schauen – irgendwie schwer vorstellbar. Wegen eines Vergehens in Zandvoort muss der 40-Jährige per se fünf Startplätze zurück. «Obwohl wir nicht da sind, wo wir sein wollen, bin ich zuversichtlich, dass es in die richtige Richtung geht», gab er zu Protokoll. Immerhin: Vor einem Jahr triumphierte Leclerc auch durchaus überraschend in Monza.

Die Favoriten in Monza sind andere

Der mittlerweile auch schon 27-jährige Monegasse, bereits zu Vettels Zeiten als der große WM-Hoffnungsträger der Italiener vorgestellt, liegt im Klassement als Fünfter auch nur einen Platz vor Hamilton. Spitzenreiter Oscar Piastri von McLaren holte schon mehr als doppelt so viele Punkte und dürfte auf dem Hochgeschwindigkeitskurs in seinem McLaren an diesem Sonntag (15.00 Uhr/Sky) zudem als Topfavorit antreten. Stallrivale Lando Norris wird indes vor der Abreise aus Europa seinen Rückstand auf Piastri (34 Punkte) nach seinem Defekt im Zandvoort-Rennen nicht noch weiter anwachsen lassen wollen. 

Von den Tausenden Tifosi in den Straßen von Mailand schon vor dem Grand Prix gefeiert worden zu sein, wird Hamilton gutgetan haben. Auch das gehört zum Ferrari-Heimprogramm. Den Namen von Mentor Niki Lauda trägt er diesmal auch noch auf seinem Helm. Am 7. September 1975 hatte Lauda in Monza den Titel im Ferrari geholt. Davon ist Hamilton, dessen Vertrag bis Ende 2027 bei Ferrari gültig sein soll, noch weit entfernt.