Inmitten von Führungschaos und stundenlanger Kompromisssuche der Funktionäre verkündete Deutschlands beste Moderne Fünfkämpferin ihren Abschied aus Deutschland. Olympia-Teilnehmerin Rebecca Langrehr wechselt künftig in die USA. «Ich bin sehr traurig, dass ich nicht mehr für Deutschland starten kann. Aber daran ist der Verband schuld», sagte die 27 Jahre alte Berlinerin der Deutschen Presse-Agentur.
Noch in diesem Jahr werde sie nach Charlotte in North Carolina wechseln, nachdem die zweimalige Weltmeisterin kürzlich aus allen Kadern des Verbandes geflogen ist und dadurch zum 31. Oktober auch ihre Anstellung in der Bundeswehr verloren hat. Sie sei «aktiv überall rausgeschmissen» worden. Aus Krankheitsgründen und wegen Bundeswehr-Lehrgängen hatte sie eine geforderte Norm nicht erbringen können. Ihr Einspruch dagegen liegt seit Monaten beim Schiedsgericht des Verbandes.
Neue Chance auf Olympische Spiele
Gedanken über ein Karriereende habe sie verworfen, sondern sich stattdessen für das Angebot aus den USA entschieden. «Die USA wollen mich als Athletin, dort werde ich gewertschätzt. Ich habe die Chance ergriffen als klar war, dass ich im deutschen Verband nicht gewollt werde», begründete sie den Schritt. Der Verbandswechsel sei «meine Chance, den Sport weiterzumachen und noch einmal Olympia zu schaffen».
Im Deutschen Verband für Modernen Fünfkampf (DVMF) tobte seit längerem ein Machtkampf zweier verfeindeter Funktionärslager. Seit Ende April gab es sogar zwei konkurrierende Präsidien. Dadurch lag lange Zeit auch der Wettkampfbetrieb lahm. Langrehr bestritt in diesem Jahr keinen Wettkampf. «Es tut mir im Herzen weh. Aber die Situation ist für mich untragbar», sagte die Athletensprecherin.
Die Funktionäre streiten – und einigen sich
Während auf den Gängen und in Hinterzimmern in kleinen Gruppen viele Stunden lang außerhalb des Versammlungsraumes Kompromisse für ein Ende der Querelen und Grabenkämpfe sowie ein neues Präsidium gesucht wurden, gab Langrehr ihre weitreichende Entscheidung bekannt. «Das ist die einzige Option, meinen Sport richtig zu machen. Damit fühle ich mich wohler als in den Strukturen hier», sagte die Berlinerin.
Der außerordentliche Verbandstag war nötig geworden, weil der DVMF nur noch bis zum Ausscheiden eines vom Amtsgericht Darmstadt eingesetzten Notvorstandes unter Leonard Langenkamp zum 15. September handlungsfähig war. «Das ist die letzte Chance für ihren Verband», sagte der Sportrechtler an die Verbandsfunktionäre gewandt.
Nach mehr als sieben Stunden zähen Ringens wurden schließlich Jan Langrehr und Lutz Keister bis 2028 zu gleichberechtigten Vizepräsidenten gewählt. Das Amt des Präsidenten bleibt unbesetzt, aber der Verband handlungsfähig.
Schreck zum Auftakt
Begonnen hatte der Verbandstag für Langrehr mit einem Schreck. Vor Beginn der Tagung war es zu einem Eklat gekommen. Sie und Co-Athletensprecher Patrick Dogue sollten durch Sicherheitskräfte aus dem Versammlungsraum gebracht werden. Wie die beiden Aktiven bestätigten, hatte dies der bisherige Verbands-Vizepräsident Jan Veder angewiesen. «Das hat sich inzwischen geklärt. Er hat sich auch dafür entschuldigt», sagte Dogue anschließend.
Hintergrund ist, dass jüngst eine neue Athletenvertretung gewählt worden ist. Die Wahl von Moriz Klinkert und Amaya El-Masri hatte der DVMF am vergangenen Mittwoch bekanntgegeben. Eine erforderliche Bestätigung dafür durch den Verbandstag stand noch aus. Mit Beginn des Verbandstages in Frankfurt/Main gehörten dann Langrehr, Dogue und Klinkert gemeinsam als Aktivensprecher und Präsidiumsmitglieder zum Podium.