Der deutsche Turn-Bundestrainer Jens Milbradt hat vor Beginn der Heim-Europameisterschaft in Leipzig über Doping in der DDR gesprochen. Auf die Frage, ob er während der aktiven Karriere davon gewusst oder geahnt habe, dass Doping im Turnen eine Rolle spielte, antwortete der 56-Jährige der «Frankfurter Allgemeinen Zeitung» (Montag): «Also geahnt ist sicherlich das bessere Wort.»

Milbradt: «War klar, dass dort irgendwelche Sachen laufen»

Erklärend fügte Milbradt an: «Es war üblich, dass man sich vor Ausreisen ins kapitalistische Ausland gewissen Tests unterziehen musste, und da hat man sich schon gefragt: Warum macht man das, wenn man der Meinung ist, dass man nie etwas genommen hat? Deshalb war klar, dass dort irgendwelche Sachen laufen.»

Auf eine erste Frage, ob er in seiner aktiven Zeit mit Doping in Berührung gekommen sei, hatte der Chefcoach in dem Interview ausweichend geantwortet: «Eigentlich sollte es doch um die Zukunft des deutschen Männerturnens gehen?» Milbradt übernahm den Posten im vergangenen November von Valeri Belenki.

Bundestrainer hätte sich interne Kommunikation gewünscht

Auch der Missbrauchsskandal im deutschen Turnsport beschäftigt Milbradt. Er plädierte für mehr Differenzierung und sagte: «Was mich am meisten ärgert oder am meisten traurig macht, ist, dass es nicht geschafft wurde, die Turnerinnen mit den Trainern und vor allem auch mit dem DTB in eine interne Kommunikation zu bringen. Das wäre eine schönere Lösung gewesen als das, was wir gerade haben.»

Angeführt von der früheren Auswahlathletin Tabea Alt haben seit dem Ende des vergangenen Jahres mehrere ehemalige und aktive Turnerinnen Missstände angeprangert. Milbradt sieht den Turn-Sport aber nicht zu Unrecht den aktuellen Vorwürfen ausgesetzt. «Absolut nicht. Ich denke, wir leben in einer Welt, in der es völlig legitim ist, über Probleme zu reden», sagte der Trainer.