Zielvorgabe erreicht, aber das Potenzial noch längst nicht ausgeschöpft. Der Neuaufbau der deutschen Hockey-Damenmannschaft verläuft bei der Europameisterschaft wie erwartet mit Höhen und Tiefen. Die EM ist ein großes Lehrstück für die stark verjüngte Auswahl. Aber nach dem enttäuschenden 0:0 gegen Irland spielt das Team der neuen niederländischen Bundestrainerin Janneke Schopman um eine Medaille.
«Wir sind immer noch ein unerfahrenes Team, das hat man heute gemerkt», sagte die 48-Jährige, die in ihrer bislang neunmonatigen Amtszeit ihr Team vor dem Abstieg aus der ProLeague bewahrt und nun etwas holprig ins EM-Halbfinale geführt hat. Dort könnten allerdings die EM-Zweiten aus Belgien am Freitag (20.00 Uhr/Magenta TV) wie bei vergangenen EM den Weg ins Finale versperren.
Historisches Ausscheiden vermieden
«Das kann ein cooles Highlight werden. Wir werden unser bestes Hockey zeigen und dann sind die Belgierinnen fällig. Ich würde mich auch freuen nochmal gegen die Niederlande zu spielen», sagte Torhüterin Julia Sonntag, die mit ihrer gelungenen Parade beim Siebenmeter der Gäste, die wohl spielentscheidende Szene hatte. Ein früher Rückstand gegen Irland und ein weiterer Gegentreffer hätten für eine historische Pleite gesorgt. Dann wäre Deutschland erstmals bei einer EM nicht ins Halbfinale gekommen, so spielen sie jetzt um eine Medaille.
Es ist schon sehr viel Schopman im deutschen Hockeyteam. Die Trainerin ist schnell angekommen in ihrer neuen Rolle. «Es hilft uns sehr, dass sie immer die Kontrolle behält, und wir als junger Haufen nicht komplett ausbrechen. Das tut uns gerade sehr gut», sagte Sonntag die sich bei dem Turnier mit ihrer Kollegin Nathalie Kubalski im Tor abwechselt. Jede immer eine Halbzeit. Auch so eine Idee von Schopman. Die beiden Spielerinnen finden das völlig okay.
Schopman als glückliche Fügung
Den neuen Weg mit dieser Trainerin hat man sich gewünscht im Verband. Zwei Monate nach den Olympischen Spielen, wo die Mannschaft im Viertelfinale aus dem Turnier schied, gab Bundestrainer Valentin Altenburg sein Amt auf. Die Nachfolgerin war da schon im Haus. «Das war eine glückliche Fügung», erzählt Martin Schultze. «Nachdem sie durch eine Niederlage gegen Deutschland in der Olympiaqualifikation ihren Job als indische Nationaltrainerin verloren hat, war sie bei uns als Bundestrainerin für den Nachwuchs vorgesehen», sagte der DHB Sportdirektor.
«Die Umbesetzung war für mich ein logischer Schritt und die Rückmeldungen aus der Mannschaft sind sehr, sehr gut. Die Mannschaft mag das sehr, mit welcher Klarheit und Offenheit sie an die Dinge herangeht», sagte Schulze. Der Spielstil hat sich verändert. Athletischer mit mehr Tempo. «Es sieht teilweise sehr gut aus, aber wie wir am Anfang gegen die Niederlande gesehen haben, teilweise auch noch katastrophal», befand Schultze.
Rückschläge sind einkalkuliert
Der Umbruch im Team mit sechs, sieben neuen Spielerinnen, die ihre erste EM spielen wird Zeit benötigen und Rückschläge bringen. Das wird sich frühestens bis zu den Olympischen Spielen 2028 in Los Angeles einspielen. «Da müssen wir die Geduld aufbringen und mit schwankenden Leistungen auch noch die nächsten zwei oder drei Jahre rechnen», sagte der Sportdirektor.
Vielleicht schaffen die Hockey-Damen aber tatsächlich den überraschenden Einzug ins EM-Finale am Sonntag vor 10.000 Zuschauern in Europas größtem Hockeystadion in Mönchengladbach. Dann mit Sicherheit gegen die Niederlande, der Heimat der deutschen Trainerin.