Vom Flieger aufs Feld: Bijan Robinson bereitet sich mit den Falcons auf das Berlin Game vor.

Die Indianapolis Colts befanden sich noch im Landeanflug auf Berlin, als die rund 100-köpfige Reisegruppe der Atlanta Falcons ihren Touchdown in Köpenick bereits ausgiebig zelebrierte. Begleitet von der Polizei rollten um 08:39 Uhr sechs Busse ohne Zwischenstopp vom Flughafen am Trainingszentrum Oberspree des 1. FC Union Berlin vor.

Mitarbeiter verfrachteten drei große Wagen Chips in die Umkleiden – dann ging es für das Team um Quarterback Michael Penix Jr. bei sechs Grad Celsius direkt aufs Feld. Aus den Lautsprecherboxen dröhnte Musik des US-Rappers Pitbull, während sich der deutsche Kicker Lenny Krieg mit seinen Teamkollegen aufwärmte. 

«Wir fühlen uns frisch und bereit», berichtete Falcons-Coach Raheem Morris vor dem Duell mit den Indianapolis Colts an diesem Sonntag (15.30 Uhr/RTL) im Olympiastadion. Zeit, um die Hauptstadt zu entdecken, bleibt dem 49-Jährigen und seinem Team nicht. Ein Berliner Döner ist aber womöglich drin. «Mein Sprachlehrer muss mir erst übersetzen, was das ist und checken, ob ich dagegen allergisch bin», sagte Morris.

Colts im Sonnenuntergang bei Hertha

Die Colts starteten ihr Training rund sieben Stunden später, als es bereits dunkel wurde. Unter Flutlicht auf dem Gelände von Fußball-Zweitligist Hertha BSC legte Star-Running-Back Jonathan Taylor seine ersten Sprints auf Berliner Boden hin. Der 26-Jährige hat entscheidenden Anteil daran, dass sein Team aus Indianapolis voll auf Playoff-Kurs liegt – und als klarer Favorit in das Berlin Game gegen die Falcons geht.

9. November – Tag mit «historischem Gewicht»

Berlin hat Football-Fieber – und zwar richtig. Aus den Pubs in Mitte riecht es nach Bier und Burgern, in Charlottenburg prangt ein überdimensionales, 1000 Quadratmeter großes Wandbild und in Kreuzberg wird der Kebab plötzlich in NFL-Papier serviert. Auf den Fanzones werfen und kicken Hunderte, als ginge es um den Superbowl. Die Hauptstadt kann ihr erstes Regular-Season-Game kaum erwarten. 

Wenn die Colts und die Falcons am Sonntag aufs Feld laufen, wird Berlin erneut zum Ort der Geschichte. «Wir sind uns des historischen Gewichtes dieses Tages bewusst und werden das auch aktiv in viele Dinge, die wir machen, einfließen lassen», kündigte Deutschlands NFL-Chef Alexander Steinforth mit Blick auf den Mauerfall vor 36 Jahren an. 

Björn Werner: Die NFL gehört jedes Jahr nach Berlin

Die NFL ist angekommen in der Hauptstadt und kehrt mindestens 2027 und 2029 noch einmal zurück. «Das größte Event im American Football und in der NFL, das aus Amerika kommt, gehört in die Hauptstadt und das jedes Jahr. Auch wenn viele das nicht mögen, die außerhalb von Berlin leben», stellte Ex-Colts-Profi Björn Werner unmissverständlich klar und sprach vom «deutschen Superbowl».

Berlin hat NFL-Historie, auch wenn inzwischen über 30 Jahre seit den Vorbereitungsspielen im damals noch nicht umgebauten Olympiastadion vergangen sind. «Insofern ist es eine Art nach Hause kommen. Wir wollen die DNA der Stadt gut aufnehmen», sagte Steinforth über den Reiz des Spiels.

Deutschland als größter Wachstumsmarkt außerhalb der USA

Deutschland gilt für die NFL als Wachstumsmarkt Nummer eins außerhalb der USA. Die Fanbasis ist riesig. Nach Angaben der Liga gibt es fast 21 Millionen Football-Anhänger in Deutschland. «Seit dem Start 2016 haben wir knapp ein Drittel dazugewonnen», berichtete Steinforth und berief sich dabei auf von der Liga durchgeführte Umfragen.

Und auch die Franchises reißen sich um Spiele. «Die Schlange an Teams, die gern hier eines ihrer Heimspiele austragen würden, ist lang. Mittlerweile haben elf Teams Marketing-Rechte für den deutschsprachigen Raum und entsprechend Interesse, aktiv vor Ort etwas fürs Fan-Wachstum zu tun», berichtete Steinforth zuletzt.

Wie teuer sind die Berlin-Spiele?

Berlin lässt sich das Football-Spektakel einiges kosten. Insgesamt stellt der Senat für die drei Partien 12,5 Millionen Euro zur Verfügung. Darunter fallen auch die Kosten zur Entwicklung nachhaltiger Sportprogramme und für die Umbaumaßnahmen im Olympiastadion. Die NFL steuert 48 Millionen Euro bei. Aufgrund der Erfahrungen bei den vorherigen Deutschland-Partien rechnet Berlin mit insgesamt einer Wertschöpfung im dreistelligen Millionenbereich. 

«Berlin wird zur Football-Hochburg. Rund 80 Prozent der Investitionen verbleiben in Berlin», sagte Sportsenatorin Iris Spranger (SPD). Dabei geht es konkret um Schulsportaktionen oder um den Aufbau von Teams für die kontaktlose und 2028 olympische Variante Flag Football.