Der Pokal von Isack Hadjar geht zu Bruch.

Über seinen einzigen Fehler an einem traumhaften Tag konnte Isack Hadjar schnell lachen. Im Überschwang der Gefühle zerbrach der Franzose den ersten Formel-1-Pokal seiner Karriere, den er sich dank einer meisterlichen Fahrt als Dritter beim Großen Preis der Niederlande gesichert hatte. Nur vier Piloten waren in der Geschichte der Motorsport-Königsklasse beim ersten Sprung aufs Podest je jünger. Im Alter von nur 20 Jahren und 337 Tagen lieferte Hadjar in Zandvoort das nächste gute Argument, um sich bald eines der begehrtesten Cockpits zu sichern.

«Ich möchte nicht neben Max fahren. Ich mag ihn nicht», sagte Hadjar und grinste kurz darauf. Natürlich meinte er das nicht ernst, aber sofort nach dem größten Erfolg seiner Karriere wurde er gefragt, ob er sich denn bald bei Red Bull sieht. Der Platz an der Seite von Weltmeister Max Verstappen dürfte 2026 wieder frei werden, weil der Japaner Yuki Tsunoda nicht überzeugt. Hadjar vom Schwesterteam Racing Bulls scheint der logische Nachfolger zu sein, macht er in seinem ersten Jahr in der Rennserie doch einen herausragenden Job.

Verstappen lobt: «Fantastisch zu sehen»

«Offen gestanden ist es als Rookie mit diesen Autos nicht einfach. Dass er hier auf dem Podium steht, hat er absolut verdient», sagte Verstappen: «Isack bringt den Job zu Ende – und das ist einfach fantastisch zu sehen.» Und wie fände er es, wenn Hadjar 2026 das zweite Red-Bull-Cockpit bekommt? «Schrecklich», sagte Verstappen, schob aber auch sofort nach: «Ich mache nur Spaß.»

Zwar gehört zur Wahrheit auch, dass der in Paris geborene Hadjar, der algerische Wurzeln hat, nur auf das Podest kam, weil Lando Norris im McLaren auf Platz zwei liegend spät ausfiel. Doch selbst als Vierter hätte er nicht weniger beachtlich abgeliefert. Schon in der Qualifikation war er überraschend Vierter geworden. Ein «außergewöhnliches Rennen» bescheinigte auch Red-Bull-Teamchef Laurent Mekies dem Hoffnungsträger.

Der Franzose wird auch mitentscheiden, ob der WM-Zehnte Hadjar befördert wird. Schnell werde das aber sicher nicht festgelegt, deutete Mekies an. Auch Hadjar wollte öffentlich noch keinen Gedanken daran verschwenden, wie seine Karriere nun weitergeht. Vielmehr freute er sich besonders, mit dem Zweitplatzierten Verstappen Champagner verspritzen zu dürfen. Schon als Kind machte er gemeinsam mit ihm als Fan ein Foto.

Hadjar «heißer Anwärter» als Rookie des Jahres

«Max ist jemand, zu dem ich seit meiner Juniorenzeit aufschaue», sagte Hadjar. Verstappens vergangene fünf Jahre «waren herausragend», sagte er. Viermal wurde der Niederländer in dieser Zeit Weltmeister, in dieser Saison wird er sich aber wohl Zandvoort-Gewinner Oscar Piastri geschlagen geben müssen. Im McLaren fährt der Australier souverän seinem ersten Titel entgegen.

Ob das auch Hadjar in Zukunft gelingen kann? «Ein Podestplatz war mein Ziel, seit ich ein Kind war. Das ist jetzt der erste Schritt und hoffentlich kommen noch viele dazu», sagte Hadjar. 

Lob gab es von der internationalen Presse dafür schon mal. «Isack Hadjar muss keinen Red Bull fahren, um bei einem Formel-1-Grand-Prix auf dem Podium zu stehen. Seine Racing Bulls reichen ihm», schrieb die französische «L’Equipe». Und der englische «Mirror» urteilte: «In der Formel 1 gibt es keine Auszeichnung als Rookie des Jahres, aber wenn es eine gäbe, wäre Isack Hadjar ein heißer Anwärter.»

«Ich dachte, mein Leben wäre vorbei»

Dabei sah es danach zu Beginn des Jahres gar nicht aus. Als er in der Einführungsrunde vor dem Auftaktrennen in Australien von der Strecke rutschte und noch vor dem eigentlichen Start recht peinlich ausschied, vergoss er Tränen. Unter anderem Anthony Hamilton, der Vater von Rekordweltmeister Lewis Hamilton, tröstete den Youngster anschließend. 

«Ich dachte, mein Leben wäre vorbei», sagte Hadjar im Rückblick auf die Szene in Melbourne im März: «Aber dann wird einem klar, dass so etwas passieren kann, man erholt sich sehr schnell davon.» Dass es aber im 14. Grand Prix seiner Laufbahn gelang, als jüngster Franzose jemals auf einen Podestplatz zu rasen, habe er nicht erwartet: «Deswegen bin ich jetzt einfach überglücklich.»

Schon am kommenden Sonntag kann er seinen Coup wiederholen, beim Heimspiel des Teams im italienischen Monza gelang einem seiner Vorgänger schon mal eine Sensation. 2020 gewann Landsmann Pierre Gasly das Rennen für das kleine Red-Bull-Team. «Das weckt immer schöne Erinnerungen», sagte Hadjar: «Angesichts der sehr langen Geraden wird es schwierig. Aber wir hoffen auf ein gutes Ergebnis.»