Jubel auf dem Podest: Ferrand-Prevot in Gelb.

Nach dem Ende der schier endlosen französischen Flaute bei der Tour de France gratulierte Emmanuel Macron nicht nur über die sozialen Netzwerke. Der Präsident der Grande Nation griff selbst zum Hörer und rief bei Pauline Ferrand-Prevot an. Die «Königin», wie sie die Zeitung «L’Equipe» nannte, hob ab und ließ sich im Gelben Trikot per Anruf beglückwünschen. «Ich habe bis zum Ende alles gegeben. Danke, vielen Dank für Ihren Anruf», sagte sie.

Seit dem Triumph von Bernard Hinault im Jahr 1985 hat Frankreich auf einen Tour-Sieger gewartet. 40 Jahre, 480 Monate, 2078 Wochen, 14.623 Tage sind seither vergangen. Einen männlichen Champion auf den Champs-Élysées von Paris gibt es zwar weiter nicht – dafür die Tour-Gewinnerin Ferrand-Prevot, die im Vorjahr noch Olympiasiegerin auf dem Mountainbike wurde und sich nun den Status einer nationalen Sportheldin erarbeitet hat.

Dreijahresplan in einem Sommer durch

«Auf dem Gipfel! Pauline Ferrand-Prevot schreibt Tour-Geschichte. Bravo, Meisterin», schrieb Macron auf X. Die vielseitige Französin ist im Alter von 33 Jahren endgültig im Radsport-Olymp angekommen. Elf Jahre nach ihrem WM-Titel auf der Straße hat sie gleich im ersten Anlauf die prestigeträchtige Tour de France Femmes mit neun Etappen im Programm gewonnen.

«Ich bin zurück auf die Straße gekommen und habe gesagt, ich will die Tour innerhalb von drei Jahren gewinnen. Jetzt bin ich hier und habe es im ersten Anlauf geschafft», sagte Ferrand-Prevot. Als Belohnung wollte sie sich nach den Strapazen der vergangenen Woche eine Pizza gönnen.

Bei der vierten Ausgabe der Frauen-Tour in dieser Form distanzierte sie die früheren Siegerinnen Demi Vollering (Niederlande) und Katarzyna Niewiadoma (Polen) um mehrere Minuten – und beeindruckte die Konkurrenz mit zwei dominanten Tagessiegen in den Alpen. «Es ist eine der besten Leistungen, die es im Frauenradsport je gab», sagte die deutsche Fahrerin Liane Lippert der ARD-Sportschau.

Mutter fährt Route im Wohnwagen ab

Ferrand-Prevot blickte auf eine akribische Vorbereitung zurück. «Jeder bereitet sich auf die Tour vor, das stimmt, aber ich denke, ich habe die Messlatte sehr hoch gesetzt. Es waren sehr viele Opfer, die ich gebracht habe», sagte sie. Die Französin hatte die Mountainbike-Szene in der vergangenen Dekade geprägt und im fortgeschrittenen Sportlerinnenalter noch einmal nach einer neuen Herausforderung gesucht – diese hat sie mit dem Tour-Gesamtsieg in Châtel nach gerade mal einem Jahr gemeistert.

In der Familie der Französin ist in den vergangenen Tagen richtige Euphorie ausgebrochen. Ihre Mutter Sylviane reiste dem Tour-Tross mit dem Wohnmobil hinterher. Schon als Kind verfolgte die Siegerin das größte Etappen-Radrennen der Welt voller Begeisterung – damals wünschte sie sich, ein Junge zu sein, um auch mal teilnehmen zu können.

Giro reagiert auf Tour-Begeisterung

Im Jahr 2025 geht das auch als Frau – und die Tour de France Femmes, die zahlreiche überwiegend erfolglos abgesetzte Vorgänger-Versuche hatte, wächst. Laut den Organisatoren wird das Rennen in 190 Länder übertragen. Die Frauen-Tour schließt an die Männer-Tour an und begann zuletzt an jenem Wochenende, an dem die Tour der Männer endet.

Das bisher wichtigste Etappenrennen, der Giro der Frauen, reagiert bereits auf das wachsende Interesse an der Tour und hat seinen Termin verlegt. Weil immer mehr Top-Fahrerinnen ihre Saisonplanung auf die Tour ausrichten, findet der Giro 2026 Ende Mai statt. Diese Saison lagen keine zwei Wochen zwischen den beiden großen Rundfahrten.