In den USA ist American Football nicht nur Sport, sondern zu einem riesigen Teil auch Show. Die Show, die sich im europäischen Football derzeit abspielt, hätten sich die Macher der European League of Football (ELF) dagegen wohl gerne erspart. Denn der Sport und die Liga stehen nicht einmal fünf Jahre nach der Gründung vor einer Zerreißprobe.
Liga-Boss Karajica im Fokus
Eine Allianz aus inzwischen neun Clubs opponiert öffentlichkeitswirksam gegen die Liga und beklagt unprofessionelle Strukturen. Es geht der Allianz, der seit Dienstag auch Tabellenführer Nordic Storm aus Kopenhagen angehört, unter anderem um mangelnde Transparenz bei Verträgen sowie die Gewinnverteilung unter den Clubs. Die Vereinigung strebt weitreichende Veränderungen an und droht alternativ mit dem Bruch.
Besonders gefragt in diesen Tagen ist Zeljko Karajica, der bei der ELF als Geschäftsführer fungiert – und die mediale Kritik damit in erster Linie abbekommt. Karajica hat die Liga im November 2020 gemeinsam mit dem ehemaligen Profi Patrick Esume gegründet. Los ging es mit acht Clubs, inzwischen sind es 16. Die Liga wächst, doch wie das Wachstum von den Verantwortlichen verwaltet wird, stört die Clubs.
Streit wird medial ausgetragen
«An allen Standorten fehlt Professionalität, auch der Liga fehlt Professionalität – das ist ganz normal. Wir sind gemeinsam innerhalb von fünf Jahren verdammt weit gekommen», sagte Karajica der Deutschen Presse-Agentur. Die wiederkehrende Kritik der Club-Allianz, die fast ausschließlich medial übermittelt wird, macht dem Sport-Geschäftsmann zu schaffen. «Das lasse ich nicht stehen», sagt er immer wieder, wenn es um Vorwürfe geht.
Die beiden Geschäftsführer eifern der nordamerikanischen NFL nach – und Karajica verweist auf die globale TV-Präsenz sowie die Fernsehverträge, die bereits abgeschlossen wurden. «Gleichzeitig müssen einzelne Leute auf Dixi-Toiletten – das ist der Spagat. Glauben Sie mir: Es ist deutlich schwieriger, eine kontinentale Liga zu etablieren als die Dixi-Toiletten wegzubekommen», sagte der Geschäftsführer.
Karajica: «Das nervt mich»
Bilder von einem ELF-Spiel in Berlin, bei dem Profis für einen Besuch auf den mobilen Toiletten Schlange standen, wurde zu einer der plakativsten Szenen, bei der sich fehlende Infrastruktur zeigte. «Das ärgert mich, das nervt mich», sagte Karajica. Doch zur Wahrheit gehören für ihn nicht nur amateurhafte Settings oder regelmäßige 70:0-Kantersiege, sondern auch die Entwicklung.
«Wir haben in großen Stadien gespielt, waren mit 40.000 Fans auf Schalke, das Finale 2025 findet in der Arena des VfB Stuttgart statt – da gibt es keine Dixi-Toiletten. Wir sind mitten in einer Entwicklung», fügte der Liga-Boss erklärend an.
Sportlich läuft die Liga derzeit normal weiter, doch wenn sich Liga und Clubs nicht einigen können, droht nach dem Finale am 7. September der große Knall. Zumal die Gründungsmitglieder zunächst Verträge über fünf Jahre unterzeichneten – diese laufen, sofern noch nicht verlängert, nach dieser Spielzeit aus.
Denn die neu gegründete European Football Alliance (EFA), der unter anderem Frankfurt Galaxy, Rhein Fire und die Madrid Bravos angehören, macht ordentlich Druck auf die Liga.
«Die Priorität der EFA besteht nicht darin, Spaltung zu schaffen, sondern Reformen und Nachhaltigkeit zu fördern. Unser Ziel ist es, den American Football in Europa zu stärken – nicht, ihn zu spalten», sagte Madrids Geschäftsführer Jaime Martin, der stellvertretend für die komplette Allianz Fragen beantwortet.
Allianz spricht über «Alternativen»
Die Botschaft an Karajica und sein Team ist klar: Macht was – oder wir sind weg. Sofern «sinnvolle Gespräche» nicht möglich seien und «die bestehende Struktur weiterhin die Bedürfnisse ihrer wichtigsten Interessengruppen» ignoriere, «dann haben wir die Verantwortung, Alternativen zu prüfen, um den Sport weiterzuentwickeln», erklärt Martin. Es wäre ein herber Schlag auf dem Weg, American Football in Europa zu etablieren.
Es geht neben den Kritikpunkten und finanziellen Anliegen auch um die Kommunikation. Hier attackierten die Clubs zunächst die Liga, woraufhin die ELF mit Geschäftsführer Karajica das Vorgehen der Vereine kritisierte – ausgetragen wird das Ganze derzeit fast ausschließlich medial. Denn «über die großen Leitlinien» rede man im unmittelbaren Dialog «nicht jeden Tag», fügte Karajica an.
Dass es vonseiten der Clubs Lob für Esume und die sportliche Leitung gibt, hält der ELF-Boss zwar für berechtigt – aber auch für eine einseitige Darstellung. «Patrick Esume und ich sind Partner, wir bilden eine Einheit und stehen immer zusammen. Der sportliche Teil würde nicht funktionieren, wenn der andere Teil nicht funktionieren würde. Wer glaubt, er könne hier einen Keil hineintreiben, der macht sich lächerlich. Das ist absurd.»