José Barcala ist der neue Trainer der Bayern-Frauen. (Archivbild)

Die erste Titelchance als neuer Trainer der Fußballerinnen des FC Bayern bekommt José Barcala gleich zu seinem Pflichtspiel-Debüt beim Supercup serviert. Und seine erste Bundesliga-Partie vor einer Rekordkulisse in der Allianz Arena. Über einen unspektakulären Empfang kann sich der Spanier in München nicht beklagen, das tut er natürlich auch nicht. Einen Namen im deutschen Fußball muss sich Barcala erst noch machen.

José – wer? Das fragten sich viele Experten, als der 43-Jährige beim Meister zum Nachfolger des in die USA gewechselten Alexander Straus bekanntgegeben wurde. «Ein Trainer nicht immer aus der gleichen Schublade», sagt Bayern-Direktorin Bianca Rech, wollten die Münchnerinnen. Und den Charakter – neben allen fachlichen Qualitäten – «in den Vordergrund stellen». Barcala sei «eine starke Persönlichkeit, sehr empathisch und sehr kommunikativ».

«Mein Deutsch existiert noch nicht»

Barcala – charmant, redegewandt auf Spanisch und Englisch («Mein Deutsch existiert bis jetzt noch nicht. Aber wir werden bald mit dem Sprachunterricht starten») – ist die Freude und Begeisterung über seinen Job an den strahlenden Augen abzulesen. «Die Atmosphäre ist professionell, aber auch sehr familiär. Ich fühle mich seit dem ersten Tag wie zu Hause», sagt der aus Genf von Servette FC Chênois Féminin gekommene Chefcoach im dpa-Gespräch.

Fünf Wochen nach der EM in der Schweiz präsentiert sich Barcalas Bayern-Ensemble mit der englischen Europameisterin Georgia Stanway und deutschen Nationalspielerinnen wie Klara Bühl, Lea Schüller, Linda Dallmann und Franziska Kett am Samstag (14.00 Uhr/ ZDF und MagentaSport) in Karlsruhe. 

Im Supercup gegen Dauerrivale VfL Wolfsburg

Gegner beim Supercup ist Dauerrivale VfL Wolfsburg als Vizemeister, da die Münchnerinnen auch den DFB-Pokal gewonnen hatten. Für DFB-Kapitänin Giulia Gwinn kommt das Spiel im Wildparkstadion nach ihrer bei der EM erlittenen Knieverletzung noch zu früh. Dafür ist Lena Oberdorf ein gutes Jahr nach ihrem Kreuzbandriss bereit für ihr erstes Pflichtspiel im Bayern-Trikot. 

Nächster Höhepunkt ist das Saisoneröffnungsspiel in der Bundesliga am 6. September gegen Bayer Leverkusen, die erste Ligapartie der Fußballerinnen in der Allianz Arena. Bereits jetzt sind 45.000 Karten verkauft. Nicht nur für Barcala ist das «eine grandiose Nachricht».

Der Traum vom Champions-League-Triumph

Die Bayern-Frauen gehen wieder als Favorit in die neue Spielzeit, der vierte Meistertitel in Serie ist für den neuen Chefcoach quasi Pflicht. «Wir wollen weiter daran arbeiten, ein Team zu formen, das in der Lage ist, Titel auf nationaler und internationaler Bühne zu gewinnen», sagt Rech.

Der Starclub sehnt den ersten Triumph in der Königsklasse herbei. Zuletzt scheiterten die Münchnerinnen im Viertelfinale an Olympique Lyon. «Wir können die Champions League früher oder später gewinnen, davon bin ich überzeugt. Um einen großen Titel zu holen, braucht man viel Talent – das haben wir auch», sagt Barcala. Es gehe darum, «dass wir uns jeden Tag im Training wie ein Champions-League-Sieger verhalten müssen».

Tiki-Taka mit Spanier Barcala?

Aber Talent alleine reiche eben nicht, da gehöre viel mehr dazu. «Wir brauchen ein hohes Spielniveau, eine Widerstandsfähigkeit, jeden Tag. Und daran arbeiten wir. Außerdem ist die Champions League kein Turnier oder ein Ligabetrieb, sondern man muss am Tag X auf den Punkt da sein.»

Wie das gelingen soll? «Wir wollen sehr dominant auftreten, den Ball haben, bei Ballverlust hohes Pressing spielen. Mir gefällt ein flüssiger, kreativer Fußball mit Kombinationen, die die Fans genießen können.» So erklärt Barcala seinen bevorzugten Fußball.

Spielen die Münchnerinnen künftig – wie Spaniens Frauen – Tiki-Taka? «Wir wollen schon eng zusammenstehen, um gute Anspielmöglichkeiten zu haben, damit die Passqualität und -Frequenz sehr hoch ist», sagt Barcala. «Die Leute sagen gerne Tiki-Taka dazu, aber in Wirklichkeit ist der Zweck, den Gegner zu jagen, laufen zu lassen.»

Den Marienplatz kennt Barcala schon 

Der Fußballlehrer arbeitete auch schon in Australien, Frankreich und Schottland. «Er ist Spanier, sein Stil ist logischerweise spanisch. Er möchte schönen Fußball spielen lassen. Wir Spielerinnen sollen uns mit dem Ball wohlfühlen, die Abstände zwischen den Spielerinnen sollen kurz sein», berichtete Kapitänin Glodis Viggosdottir im Interview des «Münchner Merkur». «Als Mensch ist er sehr nett und bodenständig, man kann sich sehr gut mit ihm unterhalten.»

Barcala ist mit seinen beiden Töchtern und der Ehefrau nach München gekommen. Viel Zeit, die Stadt zu erkunden, habe er noch nicht gehabt. Immerhin: «Den berühmten Marienplatz habe ich mit meiner Familie aber schon besucht.» Das wird am Ende der Saison auch entscheidend sein: Ob und mit welchen Trophäen er und seine Spielerinnen auf dem Rathausbalkon stehen. «Als Trainer habe ich keine Ausreden», sagt der Coach.