Die ersten Monate als Trainer der deutschen Volleyball-Frauen kann der Italiener Giulio Bregoli ohne Umschweife als Erfolg verbuchen. Jetzt will sein Team bei der WM in Thailand den Aufwärtstrend bestätigen und die Großen der Volleyball-Welt noch mehr ärgern. «Ich denke, dass wir eine wirklich schöne Gegenwart und eine sehr interessante Zukunft haben», sagte der 50-Jährige der dpa.
Am Samstag startet das deutsche Team im beliebten Urlaubsort Phuket gegen Kenia (12.00 Uhr deutsche Zeit/Online-Stream vom ZDF) in das Turnier. Doch die Auswahl ist mit kleineren Unterbrechungen schon seit Anfang Mai zusammen. Neben 13 Partien in der Nationenliga (VNL) auf drei Kontinenten, standen mehrere Testspiele und die EM-Qualifikation an.
Nach zwei Jahren mit vielen Enttäuschungen und Unruhe auf der Trainerposition gehen die Deutschen mit viel Selbstbewusstsein in die WM. Bregoli konnte schnell einiges bewegen. «Das Team hat unsere Ideen ziemlich schnell verstanden und sie auch ziemlich schnell auf dem Spielfeld umgesetzt», sagte Bregoli, der Ende des vergangenen Jahres neuer Trainer der Auswahl des Deutschen Volleyball-Verbandes (DVV) wurde. Der Italiener lobte aber auch explizit den Arbeitseifer seiner Spielerinnen.
Bregoli zwischen Emotionen und Analyse
In der VNL zog man zum zweiten Mal überhaupt ins Viertelfinale ein. Gegen die Spitzenteams der Welt zeigten die Deutschen oft ansprechende Leistungen – auch wenn es häufiger bei knappen Niederlagen blieb. «Was wir wirklich mitnehmen konnten aus dem Sommer, ist, dass wir das Level der Top-Teams spielen können, auch über weite Strecken von einem Spiel. Was uns dann tatsächlich noch fehlt, ist die Konstanz», sagte die neue Kapitänin Camilla Weitzel.
Bregoli kennt sie schon aus ihrer Zeit beim italienischen Club Chieri. «Er ist an der Seitenlinie ein sehr emotionaler Trainer», sagte die Mittelblockerin. «Das ist schon was, was uns auch guttut, dass wir da ein bisschen frei in unseren Emotionen sind auf dem Feld.»
Dazu habe die Trainingsarbeit deutlich an Qualität gewonnen. «Was ihn so auszeichnet, ist dieser unbedingte Wille, dass jede einzelne Sportlerin aus dem Sommer rausgeht und sagt: „Hey, ich habe hier richtig was gelernt“», sagte Weitzel.
Viele Talente machen Hoffnung
Bregoli war auf internationaler Ebene von 2017 bis 2022 Co-Trainer der italienischen Volleyballerinnen und wurde unter anderem 2021 Europameister. Danach trainierte er mit einigem Erfolg das schwedische Nationalteam, mit dem er den Titel in der Golden League holte.
Der Italiener lobt die Mischung im Team. «Es herrscht eine sehr positive Stimmung unter den Spielerinnen, die zurückkommen, und denen, die neu hinzukommen, weil sie jung sind und Erfahrungen sammeln», sagte er.
Zu letzteren zählt Leana Grozer (18), Tochter von Ausnahmespieler Georg. Bei der WM wird Grozer, die zuletzt auch verletzt pausieren musste, aber noch nicht dabei sein. «Sie braucht die Zeit, die jede junge Spielerin mit großem Talent wie sie braucht, um sich zu verbessern, zu lernen, auch Fehler zu machen», sagt der Trainer. «Aber ganz sicher hat sie ein unglaubliches Talent.»
Auch Hannah Kohn und Maria Tabacuks nennt er als Hoffnungsträgerinnen für die Zukunft, die zu Olympia 2028 führen soll. Der Talente-Pool ist so groß wie lange nicht. Doch für die Weltmeisterschaft setzt Bregoli nach viel Rotation wieder auf die erfahreneren Rückkehrerinnen wie Lena Stigrot und Hanna Orthmann.
Gegen Polen Showdown um den Gruppensieg?
Weitzel sieht auch im gegenwärtigen Kader große Fortschritte. «Wir haben viele Mädels, die ein erstes Jahr im Ausland gespielt haben, in Italien etwa, einer der stärksten Ligen in Europa», sagte die 25-Jährige, die seit 2021 in Südeuropa spielt. «Da sieht man einfach, dass ganz viel persönliche Entwicklung stattgefunden hat. Volleyballerisch, aber eben auch mental, und dass die Mädels das hier mit einbringen können.» Dazu bleibt der starke Teamspirit ein Trumpf des deutschen Teams.
Ein ganz großer Wurf wäre trotzdem eine Überraschung, zumal die meisten Teams anders als in der VNL in Bestbesetzung antreten werden. In Gruppe G sind Siege gegen die eher unbeschriebenen Blätter Kenia und Vietnam fast schon Pflicht. Dann würde es gegen Polen um den Gruppensieg gehen.
Gegen die deutschen Nachbarn gab es viele Duelle in den letzten Jahren und wenig Siege für die DVV-Auswahl. «Da ist natürlich eine Rechnung offen», sagt Weitzel. Gelingt der Gruppensieg nicht, droht dann im Achtelfinale schon ein Aufeinandertreffen mit Olympiasieger Italien. Spätestens dann dürfte die Konstanz über ein ganzes Spiel nötig sein.