24. November 2024

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Zverev besiegt Nadal im Erstrunden-Showdown der French Open

Alexander Zverev untermauert seine Titelambitionen mit einem verdienten Sieg gegen den Rekordchampion. Rafael Nadal verabschiedet sich so früh wie nie in Paris - und vermutlich für immer.

Alexander Zverev schaute fast schuldbewusst über das Netz zum geschlagenen Sandplatzkönig und verzichtete auf jede Jubelgeste. «Das ist nicht mein Moment, das ist Rafas Moment», sagte Zverev. Der deutsche Tennisstar hat das mit Spannung erwartete Sand-Spektakel bei den French Open gegen Rafael Nadal gewonnen und dem Rekordchampion bei dessen vermutlich letztem Auftritt in Paris einen bitteren Abschied beschert.

Der 27-jährige Zverev setzte sich in Nadals «Wohnzimmer» Court Philippe Chatrier beim packenden Erstrunden-Showdown mit 6:3, 7:6 (7:5), 6:3 gegen den spanischen Sandplatzkönig durch. In der zweiten Runde trifft Zverev auf den Sieger des Matches zwischen dem Belgier David Goffin und Giovanni Mpetshi Perricard aus Frankreich. Doch sein gewonnenes Duell mit Nadal dürfte noch lange nachwirken.

Zverev verwandelte nach 3:05 Stunden seinen ersten Matchball gegen den 14-maligen Turniersieger und unterstrich eindrucksvoll seine Titelambitionen. Der Hamburger nahm zudem erfolgreich Revanche für das Halbfinal-Drama 2022. Damals war er dem späteren Sieger Nadal zunächst auf Augenhöhe begegnet, dann aber auf der roten Asche umgeknickt und schließlich mit dem Rollstuhl vom Platz geschoben worden.

Karriereende naht

Für den 37-jährigen Nadal, dessen ruhmreiche Karriere nach der Saison sehr wahrscheinlich endet, war es das erste Erstrunden-Aus bei seinem 19. French-Open-Start. In seinem insgesamt 116. Match verlor der Dominator von Roland Garros erst zum vierten Mal bei seinem Lieblingsturnier, das er fast zwei Jahrzehnte geprägt hat wie kein Zweiter.

Das «Popcorn»-Match, wie die Veranstalter den Showdown angekündigt hatten, wollten sich auch die Weltranglistenersten Novak Djokovic und Iga Swiatek nicht entgehen zu lassen. Der Serbe und die Polin, die sogar Erinnerungsfotos machte, sahen auf der Tribüne genau wie die anderen rund 15.000 Zuschauer einen intensiven Schlagabtausch.

Nadal startete nervös. Leichter Fehler beim Stopp, ein Doppelfehler und eine Rückhand ins Netz – sofort kassierte er das Break zum 0:1. Nach dem ersten Spielgewinn zum 1:2 wurde der Publikumsliebling frenetisch gefeiert, doch Zverev blieb davon unbeeindruckt und nahm Nadal ein zweites Mal den Aufschlag zum ersten Satzgewinn ab.

Nadal heizt die Fans an

Nachdem Nadal im zweiten Satz zwei Breakbälle erfolgreich abgewehrt und zum 2:2 ausgeglichen hatte, heizte Nadal das Publikum an. Er sprang in die Luft und animierte die Fans zu noch mehr Stimmung. Auch Ehefrau Xisca Perelló fieberte lautstark mit. Es erzielte die erhoffte Wirkung: Euphorisiert breakte Nadal im Anschluss seinen deutschen Widersacher. Als er beim Stand von 5:4 zum Satzgewinn aufschlug, brillierte jedoch wieder Zverev, der auch im Tiebreak nervenstärker war.

«Spiele gegen den Spieler und nicht gegen den Mythos!», hatte Tennis-Ikone Boris Becker der deutschen Nummer eins vor dem Match geraten. Zverev blieb zumindest cool, als Nadal im dritten Satz ein Break zum 2:0 holte. Am Ende machte sich die bessere Fitness beim Deutschen deutlich bemerkbar. Mit einem sensationellen Rückhand-Passierball holte er sich das vorentscheidende Break zum 4:3.

Möglich wurde das frühe Top-Duell, weil Nadal – aktuell nur die Nummer 275 der Welt – aufgrund seiner langen Ausfallzeit wegen diverser Verletzungen erstmals ungesetzt in sein Lieblingsturnier ging und dem Weltranglisten-Vierten Zverev zugelost wurde. Das entspräche zwar den Regeln, sei aber «verrückt», wetterte der frühere Tennisstar John McEnroe.

Einmal dürfte Nadal noch mal nach Roland Garros zurückkommen, wenn hier in der ersten Olympia-Woche das Tennisturnier der Sommerspiele von Paris stattfindet. Doch ein 20. Start bei den French Open scheint nahezu ausgeschlossen, wie Nadal selbst am vergangenen Samstag bestätigte. Die Wahrscheinlichkeit sei «sehr, sehr groß, dass es mein letztes Mal in Roland Garros ist», sagte er.

Jörg Soldwisch, dpa