22. November 2024

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Zuschauerzuwachs nach müdem Start: «Anlauf gebraucht»

Mäßig war die erste Woche in Tokio bei der Medaillenausbeute und bei den Einschaltquoten. Zumindest die Olympia-Begeisterung vor dem Fernseher wächst nun. Aber vor allem ältere Zuschauer vermissen etwas bei ARD und ZDF.

Nach einer müden ersten Woche steigt das Olympia-Interesse der TV-Zuschauer rasant an. Vor allem der Beginn der Leichtathletik beschert den Sendern deutlich steigende Zuschauerzahlen.

Noch aber liegen die durchschnittlichen Einschaltquoten hinter jenen der Spiele in Rio, London und Peking.

Die Zuschauer «scheinen sich Tag für Tag mehr mit Olympia anzufreunden», sagte ARD-Sportkoordinator Axel Balkausky. Das Interesse «steigt kontinuierlich an». Ähnlich formulierte es ZDF-Sporchef Thomas Fuhrmann: «Olympia hat ein bisschen Anlauf gebraucht, mittlerweile sind die Zahlen bei den Fernseh-Zuschauern richtig gut. Gerade bei den Jungen ist der Zuspruch ausgezeichnet.»

Am Sonntag waren die Einschaltquoten erstmals über die Vier-Millionen-Marke gestiegen. Die Leichtathletik-Übertragung am Mittag im ZDF erreichte den Bestwert und kam auf durchschnittlich 4,45 Millionen TV-Zuschauer sowie einen Marktanteil von 32,8 Prozent. Auch Kunstturnen und Handball sowie ein Kurzbericht vom Ringen lockten mehr als vier Millionen Menschen vor den Fernsehschirm. Das Gold von Tennisspieler Alexander Zverev war nicht ganz so erfolgreich, kam aber immerhin auf 3,55 Millionen TV-Zuschauer und einen 31,0-Prozent-Marktanteil.

Insgesamt war das Zuschauer-Interesse am zweiten Olympia-Wochenende deutlich höher als in der ersten Tokio-Woche. Mehrere Übertragungen von ARD und ZDF hatten Marktanteile von mehr als 30 Prozent. Exakte Zahlen liegen noch nicht vor, aber bisher liegt die Quote deutlich hinter den zuletzt erzielten: Die umfangreiche Rio-Berichterstattung vor fünf Jahren verfolgten durchschnittlich 2,91 Millionen Sportfans bei einem Marktanteil von 22,5 Prozent. Wegen der unterschiedlichen Zeitzonen sind die Werte allerdings schwer zu vergleichen.

Besser geht das bei den Spielen von 2008, da zwischen Tokio und Peking nur eine Stunde liegt. Vor dreizehn Jahren lag der Durchschnittswert bei 1,89 Millionen (28,5 Prozent). Auch damals waren wegen der Zeitverschiebung Medaillen-Entscheidungen zur deutschen Mittagszeit oder sogar schon am frühen Morgen gefallen. An die Einschaltquoten von damals aber kommt Tokio nicht heran. Am deutlichsten war der Unterschied zwischen Tokio und Peking bisher bei der Eröffnungsfeier mit 2,07 Millionen zu 7,72 Millionen.

Vor allem das ältere Publikum vermisst Zusammenfassungen am Abend. Diese sind aus Sicht der ARD «in Zeiten von Online und Social Media nicht mehr zuschauerträchtig», wie Sportchef Balkausky erklärte. «Außerdem blockiert der Sport in diesem Sommer riesige Programmstrecken, so dass auch andere Programmfarben um 20.15 Uhr zu ihrem Recht kommen sollen.» Balkausky sagte: «Wir sind nach wie vor ein Vollprogramm, kein Sportsender.» Neben ARD und ZDF überträgt Eurosport die Spiele aus Japan im Fernsehen und in Streams.

Auch der ZDF-Sportchef argumentierte mit dem «veränderten Sehgewohnheiten und Nutzungsverhalten». Fuhrmann sagte: «Die Menschen nutzen die Mediatheken mehr denn je, und die Zuschauer können so auswählen, was sie wann zeitversetzt sehen wollen.»

Ein Problem gibt es dabei aber. Wer Olympia-Bilder in den Nachrichtensendungen von ARD und ZDF in den Mediatheken sehen will, wird enttäuscht. Die gibt es dort nicht. «Das ist die Folge von Geoblocking», sagte der ARD-Sportkoordinator. «Tagesschau» und «Heute» sind im Netz weltweit zu sehen, doch die Olympia-Rechte der öffentlich-rechtlichen TV-Sender gelten nur in Deutschland.

Von Michael Rossmann, dpa