Am Ende überwog der Stolz. Nach dem emotionalen Hoch der Qualifikation haben die deutschen Turner in der Mehrkampf-Entscheidung der Olympischen Spiele in Tokio einen von Patzern durchsetzten Auftritt hingelegt und als Mannschaft abgeschlagen den achten und letzten Platz belegt.
Zwei Tage nach der nahezu fehlerfreien Teamleistung erturnten Lukas Dauser (Unterhaching), Andreas Toba (Hannover), Nils Dunkel (Erfurt) und Philipp Herder (Berlin) lediglich 238,495 Punkte und damit mehr als elf Zähler weniger als in der Qualifikation.
«Aber ich bin auf jeden Fall stolz auf die Mannschaft, wir haben uns gut geschlagen und präsentiert», sagte «Hero de Janeiro» Toba. Die Riege des Deutschen Turner-Bundes (DTB) konnte zu keinem Zeitpunkt an den starken Vortrag der Ausscheidung mit Platz sechs anknüpfen. Dennoch betonte Olympia-Trainer Valeri Belenki: «Ich bin so stolz auf die Jungs.» Das Quartett verpasste das mögliche beste Olympia-Ergebnis nach Rang vier 2008 in Peking deutlich. Vor fünf Jahren in Rio de Janeiro und 2012 in London hatte die DTB-Riege jeweils Platz sieben belegt.
«Vor zwei Tagen ist bei uns natürlich auch ein Stein vom Herzen gefallen, die Anspannung ist einfach abgefallen. Dann merkt man erstmal, was einem alles wehtut am nächsten Tag. Das ist uns heute ein bisschen zum Verhängnis geworden», sagte Mehrkampf-Meister Dauser, «nichtsdestotrotz bin ich insgesamt mit uns als Team zufrieden. Wir waren hier in einem Finale.»
Die drei Top-Nationen deutlich vorn
In einer anderen Liga turnten die Top-Drei-Nationen. Olympiasieger wurde nach einem packenden Dreikampf das Team des Russischen Olympischen Komitees. Die Riege um Welt- und Europameister Nikita Nagorni verwies mit 262,500 Punkten am Ende souverän Vorgänger Japan (262,397) auf den zweiten Platz. Bronze sicherte sich China mit 261,894 Punkten.
Nach einem durchwachsenen Auftakt an den Ringen mit rund einem halben Punkt weniger als in der Qualifikation steigerten sich die deutschen Turner am Sprung und holten wieder etwas auf. Dann aber leistete sich die Riege ausgerechnet am eigentlich stärksten Gerät einen Aussetzer. Nils Dunkel musste nach einem Patzer vom Barren, auch der EM-Dritte Dauser turnte wertvolle Zehntel weniger als zwei Tage zuvor.
Von zu vielen Patzern «eiskalt erwischt»
Auch am folgenden Reck lief nicht alles rund. Andreas Toba, in Basel drei Monate zuvor noch Europameisterschafts-Zweiter an diesem Gerät, verlor gegenüber dem Vorkampf fast 1,5 Punkte, weil ihm zu viele Elemente nicht sauber genug gelangen. Danach schien die Luft raus zu sein. Philipp Herder fiel am Boden auf den Hintern, stieg mit einem Kopfschütteln vom Podium und wurde mit herbem Punktabzug bestraft. Das gleiche Schicksal ereilte anschließend auch Dauser und Toba. «Da hat es uns dann eiskalt erwischt», bekannte der Unterhachinger Dauser.
Bei der Heim-WM 2019 in Stuttgart hatte sich die DTB-Riege mit Ach und Krach als zwölfte und letzte Mannschaft für die Tokio-Spiele qualifiziert. Entsprechend aus dem Häuschen waren die Turner und ihr Trainer nach dem Vorkampf mit 249,929 Punkten am vergangenen Samstag. Er sei überglücklich, was die Jungs da gezeigt hätten, es habe alles geklappt. «Ich habe Gänsehaut bekommen. Das Gefühl war wieder da, als ich damals Olympiasieger geworden bin. Ich bin stolz auf die Jungs, wie sie das gemacht haben», sagte der Olympiasieger von 1992, der vor einer Vertragsverlängerung steht. Im Finale seien seine Jungs angeschlagen gewesen.
Während für Toba und Dunkel nun die Spiele in Tokio beendet sind, sind Dauser und Herder schon am Mittwoch wieder auf der Bühne. Der Unterhachinger als 16. der Ausscheidung und der Berliner als 21. turnen das Einzelfinale im Mehrkampf. Der EM-Dritte Dauser geht überdies nach Platz zwei in der Qualifikation am Sonntag mit Medaillenhoffnungen an sein Spezialgerät Barren.
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