24. November 2024

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Zipsers langer Weg zurück

Er war ganz oben, spielte in der NBA und gewann danach mit den Bayern-Basketballern Titel um Titel. Doch von einem Moment auf den nächsten war alles weg. Gehirnblutung, stundenlange Operation - Paul Zipser musste ganz von vorne anfangen.

Es war einer der wenigen positiven Augenblicke einer ansonsten von vielen Turbulenzen geprägten Jahreshauptversammlung des FC Bayern München. Als Paul Zipser Ende November die Trophäe für den Pokalsieg der Bayern-Basketballer in die Halle trug, war das ein ganz besonderer Moment.

Schließlich war knapp fünf Monate zuvor nicht einmal sicher, ob der 27-Jährige je wieder laufen könnte. Mitten in der Halbfinal-Serie gegen die MHP Riesen Ludwigsburg wurde bei Zipser im Juni eine Gehirnblutung festgestellt. Der frühere NBA-Profi musste sich einer komplizierten Kopf-Operation unterziehen, Familie und Verein bangten um das Leben des Nationalspielers.

Comeback noch weit weg

Doch kein halbes Jahr später geht es Zipser schon wieder deutlich besser. Es grenzt fast an ein kleines Wunder, wenn man Zipser vor den Spielen der Bayern-Basketballer auf den Korb werfen sieht. Zwar ist ein Comeback im Starensemble von der Isar derzeit noch weit weg, doch Zipser ist auf dem Weg zurück schon weiter als von vielen Experten gedacht.

«Ich bin einfach unglaublich froh, dass er wieder bei uns ist», sagte Bayern-Coach Andrea Trinchieri, den die Tage rund um die OP im Juni auch mitgenommen haben. «In den 25 Jahren meiner Karriere ist das ein Moment, den ich nie vergessen werde. Ich weiß noch genau, wie wir uns alle gefühlt haben, als es passiert ist», sagte der Italiener bei Magentasport.

Trinchieri und der gesamte Verein standen stets an Zipsers Seite. «Ich hätte mir keine besseren Rahmenbedingungen wünschen können», sagte Zipser im Podcast «Open Court» des Vereins. Die Bayern gaben ihm sogar einen neuen Dreijahresvertrag, als «Auffangnetz», wie Geschäftsführer Marko Pesic sagte. «Er soll wissen, dass er alle Zeit der Welt bekommt.»

Alles auf Null

Zeit und vor allem Geduld – das ist es, worauf es für Zipser im Moment ganz besonders ankommt. Der Flügelspieler musste nach der Operation quasi wieder bei Null anfangen. «Ich musste versuchen, meinem Körper alles neu beizubringen», berichtete Zipser. Anfangs konnte er sich im Bett nicht einmal aufrichten.

Dass Ehrenpräsident Uli Hoeneß einer der Ersten war, der ihn im Krankenhaus besuchte, musste sich Zipser später noch einmal erzählen lassen. Zu geschwächt und müde war er nach dem komplizierten Eingriff. Hoeneß habe dafür gesorgt, dass er die beste medizinische Versorgung bekommen habe. «Das zeigt die Besonderheit dieses Vereins.»

Doch die kleinen Schritte zurück musste und muss Zipser selbst gehen. «Du weißt, wie der Körper normalerweise funktioniert und siehst dann wie er wirklich funktioniert», berichtete Zipser. «Da war eine große Lücke.» Beim einfachen Kopf drehen sei er einfach umgefallen, erzählte Zipser. «Da fragst du dich, was war das denn?»

Langer Reha-Prozess

Mit großem Einsatz und viel Ehrgeiz hat es Zipser inzwischen aber schon wieder weit gebracht. Wer ihn im Audi Dome auf den Korb werfen sieht, der könnte meinen, Zipser stünde kurz vor dem Comeback. Doch bis er wirklich wieder im Dress der Bayern auflaufen wird, wird es noch eine Weile dauern. «Er ist auf einem guten Weg», sagte Pesic. «Doch wann ihn dieser Weg zurück zu den Profis führt, das kann niemand vorhersagen.»

Schließlich ist der Reha-Prozess «wie eine Achterbahnfahrt», wie Zipser feststellen musste. An einigen Tagen ist er den Vorhersagen meilenweit voraus, an anderen wollen Dinge, die eigentlich schon wieder selbstverständlich schienen, partout nicht gelingen. «Das ist dann schon frustrierend.» Doch Zipser, schon immer ein eher ruhigerer Typ, hat gelernt, damit umzugehen.

Und auch die Perspektiven haben sich verändert. «Basketball ist auf jeden Fall kleiner für mich. Das heißt nicht unwichtig, aber wenn’s nicht laufen sollte, könnte ich das wohl auch schneller vergessen», sagte der gebürtige Heidelberger. Gesundheit ist nun die absolute Nummer eins. «Das habe ich gelernt.»

Von Lars Reinefeld, dpa