24. November 2024

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Wie van der Poel: Denz lebt beim Giro seinen «Traum»

Nico Denz sorgt beim Giro d'Italia für Furore. Der Edelhelfer hat bereits zwei Etappen gewonnen. Rolf Aldag fühlt sich nach dem Coup am Samstag an Star Mathieu van der Poel erinnert.

Nico Denz versammelte zu später Stunde die Teamcrew auf dem Hotel-Parkplatz zu einer kleinen Sieger-Party mit einem Gläschen Sekt. So richtig begreifen konnte das Energiebündel vom Hochrhein seine tollen Tage in Italien selbst noch nicht.

«Das fühlt sich irgendwie unwirklich an. Ich verstehe im Moment gar nicht, was passiert. Das muss ein Traum sein», sagte Denz, nachdem er am Samstag seinen zweiten Etappensieg beim 106. Giro d’Italia innerhalb von nur drei Tagen gewann.

Nico wer? Sein Name ist allenfalls den Radsport-Kennern ein Begriff. Bis zum Giro-Start hatte der 29-Jährige in zehn Profijahren gerade einmal drei Siege zu Buche stehen. Beim Bora-hansgrohe-Rennstall kommt ihm die Rolle des klassischen Edelhelfers für die Kapitäne um den deutschen Hoffnungsträger Lennard Kämna zu. Flaschen holen, Löcher zufahren, die Stars aus dem Wind halten. Und plötzlich steht Denz selbst auf dem großen Podium bei der zweitgrößten Rundfahrt der Welt.

Denz‘ zweiter Etappensieg ein Meisterstück

Am Sonntag ließ es Denz auf der 15. Etappe gemächlicher angehen. Den Tagessieg sicherte sich der amerikanische Ausreißer Brandon McNulty. Kämna erreichte knapp hinter der Favoritengruppe das Ziel und geht damit als Gesamtsiebter in die letzte Woche. Das Rosa Trikot trägt weiterhin der französische Außenseiter Bruno Armirail, der 1:08 Minuten vor Ex-Tour-de-France-Champion Geraint Thomas liegt. Weitere zwei Sekunden dahinter lauert Mitfavorit Primoz Roglic (Slowenien).

Denz‘ zweiter Etappensieg am Vortag war dabei geradezu ein Meisterstück. Im Alleingang hatte Denz einen 14-Sekunden-Rückstand zu einem Spitzentrio aufgeholt und dann auch noch den Sprint gewonnen. «Loch zufahren, Sprint anfahren, Sprint verlängern, Sprint ausführen und dann gewinnen. Das erinnert mich ein bisschen an Mathieu van der Poel beim Amstel Gold Race (Anm.: im Jahr 2019). Wo du sagst, das geht eigentlich nicht», schwärmte sein Sportlicher Leiter Rolf Aldag bei Eurosport und Sportdirektor Jens Zemke ergänzte: «Er ist gerade in der Form seines Lebens.»

Dabei hatte es Denz nochmal unnötig spannend gemacht. Einen Meter vor der Ziellinie in Cassano Magnago riss der BWL-Student bereits die Arme hoch, während der Kanadier Derek Gee mit einem Tigersprung noch einmal bedrohlich nah kam. Erinnerungen an Erik Zabels Fauxpas beim Frühjahrsklassiker Mailand-Sanremo 2004 wurden wach, doch es sollte reichen – um wenige Zentimeter.

Denz: «Aller guten Dinge sind drei»

Denz lässt sich ohnehin kaum aus der Ruhe bringen. So hat er es schon immer in seiner Karriere gehandhabt, die eher ungewöhnlich verlaufen ist. Nach seinem Abitur ist Denz nach Frankreich gegangen, hat sich dem Nachwuchsteam von AG2R angeschlossen, lernte dort die Sprache und die Kultur. Und musste sich in einer Mannschaft durchschlagen, die durchaus große Namen wie den früheren Tour-Zweiten Romain Bardet hervorgebracht hat. Erst 2021 wechselte Denz zum deutsch-niederländischen DSM-Team, ehe es Anfang des Jahres zu Bora weiterging.

Dort wollte er sich eigentlich für die erstmalige Tour-de-France-Teilnahme empfehlen. Am Ende wurde es wieder der Giro – bereits zum sechsten Mal. Im Nachhinein konnte es nicht besser laufen. «Nach dem Sieg konnte man sehen, dass der Druck vom Team abgefallen ist. Der Giro ist für uns mit zwei Etappen schon gewonnen», sagte der zweifache Familienvater nach dem insgesamt 40. deutschen Giro-Etappensieg. Fertig ist Denz aber noch nicht: «So kann es gerne noch eine Woche weitergehen. Aller guten Dinge sind drei!»

Von Stefan Tabeling, dpa