Onkel Uli Hoeneß ist vom attraktiven Fußball seines Neffen beeindruckt, der FC Bayern München beobachtet ihn als Trainerkandidaten der Zukunft. Und beim VfB Stuttgart kann man Sebastian Hoeneß momentan als einen Mann des Jahres würdigen. Vor acht Monaten hat der 41-Jährige den damaligen Tabellenletzten der Fußball-Bundesliga übernommen und einen bemerkenswerten Wandel geschafft.
Mit dem rasanten Aufstieg vom Krisenclub zum Champions-League-Anwärter rückt auch Hoeneß in den Fokus. Am Mittwoch (20.45 Uhr/ZDF und Sky) kann er zur Fußball-Primetime die Aufmerksamkeit noch mal erhöhen: Mit den Schwaben will Hoeneß im Achtelfinale des DFB-Pokals die Ambitionen von Borussia Dortmund ausbremsen und die eigenen Titelchance in dieser merkwürdigen Saison mit dem frühen Scheitern vieler Erstligisten steigern.
Hoeneß selbst wirkte am Dienstag gewohnt unaufgeregt, fieberte dem K.o.-Duell aber entgegen: «Es gibt kaum eine größere Herausforderung in dieser Runde, als gegen Borussia Dortmund zu spielen», sagte der Coach: «Es wird ein schöner Rahmen. Wir haben die Möglichkeit, uns von unserer besten Seite zu zeigen, das haben wir vor.»
Euphorie ausgelöst
Hoeneß lebt es vor, auf dem Boden zu bleiben. Seine Herausforderungen geht er aber alle optimistisch an. Rund um den VfB hat er eine lange nicht dagewesene Euphorie ausgelöst. «Wie die jetzt Fußball spielen, da lacht einem das Herz im Leibe», sagte der langjährige Münchner Vereinsboss Uli Hoeneß (71) schon im Oktober bei RTL.
Mittlerweile ist die Entwicklung des VfB noch bemerkenswerter. Der Traditionsverein zeigt den ansehnlichsten Fußball seit Langem. Die in der vergangenen Saison verunsicherte Mannschaft spielt mit Überzeugung und bemerkenswerter Konstanz. Hoeneß hat das Team und einzelne Spieler weiterentwickelt, das Selbstvertrauen gestärkt. Der Coach treffe im Allgemeinen die «richtigen Entscheidungen», lobte Sportdirektor Fabian Wohlgemuth.
Ob er am Mittwoch wieder mit der Doppelspitze Serhou Guirassy und Deniz Undav spielen wird, ließ Hoeneß am Tag vor dem Pokalspiel offen. In der Mannschaft scheint er den richtigen Ton zu treffen. «Eins ist mir einfach wichtig, das ist die Kommunikation, die Führung der Mannschaft», sagte Hoeneß auf die Frage, wie er sich als Coach beschreiben würde: «Ich glaube, dass da viel Potenzial drin liegt.»
Wichtig: Gespräche und keine Unruhe
Die «Charaktere der Mannschaft» kämen ihm zugute: «Sicher habe ich auch einen Teil dazu beigetragen, dass es jetzt so ist, wie es ist.» Gespräche führen sei ihm wichtig, damit bei allem Konkurrenzkampf im Team keine Unruhe aufkomme. «Die Spieler müssen wissen, woran sie sind.»
Hoeneß wirkt klar in seiner Ansprache – auch den Medien gegenüber – und moderiert im schwierigen Stuttgarter Umfeld auch kritischere Themen geschickt. Im Vergleich zu seiner ersten Bundesliga-Station zwischen 2020 und 2022 in Hoffenheim scheint der Familienvater gereift. Bei der TSG war sein Auftreten womöglich auch von einer gewissen Dankbarkeit für die erste Erstliga-Chance geprägt.
Hoeneß und der VfB – das scheint zu passen. «Im Nachhinein bin ich froh, dass wir trotz Anfragen aus dem In- und Ausland auf den VfB gewartet haben, weil er genau der richtige Verein war», erklärte Vater Dieter Hoeneß kürzlich. Sein Sohn bringe aber «alle Voraussetzungen» mit, um irgendwann einen Champions-League-Club zu trainieren.
Rückkehr zum FC Bayern?
Aufgrund der familiären Konstellation wäre ein Engagement von Hoeneß als Cheftrainer bei den Bayern natürlich charmant. «Langfristig darf man so etwas niemals ausschließen», sagte Bayerns Vorstandsvorsitzender Jan-Christian Dreesen vor knapp zwei Monaten beim TV-Sender Bild über eine mögliche Rückkehr des früheren Drittliga-Trainers Hoeneß, der die Bayern-Amateure 2019/20 als Aufsteiger in der 3. Liga auf Platz eins geführt hatte.
Beim VfB fing Hoeneß im vergangenen April als Helfer in größter Not an. Schnell funktionierte die Zusammenarbeit, der drohende Absturz in die Zweitklassigkeit wurde abgewendet. Mittlerweile scheint der VfB mit der vergangenen Saison nicht mehr vergleichbar. Eine der Schlüsselpersonalien für die erfolgreichste Hinrunde seit der Meistersaison 2006/2007 ist, dass Hoeneß seinen Wunschspieler Angelo Stiller holte.
Auch dank eines 2:1 im direkten Bundesliga-Duell liegen die Schwaben fünf Punkte vor Vizemeister Dortmund. Vor dreieinhalb Wochen waren die Gastgeber gegen enttäuschende Dortmunder klar die bessere Mannschaft. «Warum soll das am Mittwoch nicht noch mal möglich sein?», meinte VfB-Sportdirektor Wohlgemuth.
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