25. November 2024

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Widersacher des DOSB-Präsidenten harren auf Neuwahlen

Mit der Ankündigung einer Vertrauensfrage wollte die DOSB-Spitze die Krisenlage im Dachverband beruhigen. Doch wichtigen Kräften im Deutschen Olympischen Sportbund reicht das nicht. Sie fordern Neuwahlen.

Der Widerstand gegen die DOSB-Spitze um Alfons Hörmann wird immer mächtiger und droht, die Olympia-Mission des deutschen Teams zu belasten.

In der schweren Führungskrise beim Deutschen Olympischen Sportbund beharren Landessportbünde und Athletenvertreter auf Neuwahlen im Dezember, wie sie auch die Ethikkommission empfohlen hatte. Die angekündigte Vertrauensfrage bei einer außerordentlichen Mitgliederversammlung im Spätsommer ist Hörmanns Widersachern nicht genug. «Nur eine vorgezogene Wahl des gesamten Präsidiums kann zu einer dauerhaften Vertrauensstiftung im deutschen Sport führen», entschieden die Landessportbünde nach Beratungen am Wochenende.

Neuordnung der Verbandsspitze gefordert

Auch der Sprecher der Spitzenverbände im DOSB erwartet zumindest eine Neuordnung der Verbandsspitze nach den heftigen Anschuldigungen gegen Hörmann und die Verbandsführung aus dem Mitarbeiterkreis. Auf der geplanten Mitgliederversammlung, die kurz nach Ende der Paralympics stattfinden soll, müsse man «aus der Klärung dann personelle Konsequenzen ziehen und dann den DOSB und sein Präsidium für den Dezember 2021 in Ruhe neu aufstellen und Neuwahlen oder Nachwahlen dann zu haben, wenn diese nötig sind», sagte Basketball-Verbandschef Ingo Weiss der Deutschen Presse-Agentur.

Auslöser des Hauskrachs waren anonym vorgetragene Vorwürfe von Mitarbeitern. Die Rede war von einem «Klima der Angst» in der DOSB-Zentrale in Frankfurt am Main. Hörmann wurde psychischer Druck auf Mitarbeiter und ein laxer Umgang mit Corona-Vorschriften vorgeworfen. Die Ethikkommission hatte die Anschuldigungen geprüft und beim DOSB «zu viel Selbstbespiegelung, Demotivation und Gerüchte, Unzufriedenheit und Unklarheit» festgestellt.

Vorgezogene Neuwahlen als Ausweg aus der Krise?

«Diese ganze Atmosphäre muss enden, und dazu braucht man einen Prozess, und der Prozess heißt Herstellung von Vertrauen», sagte Chef-Ethiker Thomas de Maiziére im Deutschlandfunk. Der notwendige Wandel sei aber nicht allein durch einen Personalwechsel zu erreichen. «Zu glauben, dass rund um eine Person das Thema dann gelöst wäre, der verkennt die Tiefe des Problems», sagte der frühere Bundesinnenminister.

Das Gremium um den 67 Jahre alten CDU-Politiker hatte der DOSB-Spitze zu vorgezogenen Neuwahlen im Dezember als Ausweg aus der Krise geraten. Nach mehrtägigen Beratungen entschied sich die Verbandsführung aber für die Vertrauensfrage. Man sei sich «der besonderen Verantwortung für den deutschen Sport, den DOSB und unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bewusst», hatte Hörmann beteuert.

Jonathan Koch, Athletenvertreter im DOSB-Präsidium, trug den Beschluss nicht mit. «Die kompromisslose Befolgung der Empfehlung der Ethikkommission» sei aus seiner Sicht «zwingend notwendig», urteilte Koch. Denn mit einem sofortigen oder zeitlich festgesetzten Rücktritt könne die Verbandsspitze den Weg für Neuwahlen frei machen.

Auch die Vereinigung Athleten Deutschland forderte den DOSB auf, der Vorgabe der Ethikkommission für Neuwahlen Folge zu leisten. «Ein Abweichen von diesen Empfehlungen wäre angesichts des ohnehin geringen Vertrauens in die Funktionsfähigkeit der Ombuds- und Hinweisgebermechanismen im deutschen Sport ein alarmierendes Signal», teilte das Sportlerbündnis mit.

Zeit wird gebraucht

Die Landessportbünde halten die Zeit bis zur einer außerordentlichen Mitgliederversammlung schon kurz nach den am 5. September endenden Paralympics in der aktuellen Krisensituation für zu kurz. «Wir sagen, dass wir Zeit brauchen, bis in den Dezember 2021, um gegenseitig auch miteinander die inhaltlichen Fragestellungen lösen zu können», sagte Jörg Ammon, Präsident des Bayerischen Landessport-Verbandes, dem Deutschlandfunk.

Bei den Sommerspielen solle Hörmann auf jeden Fall noch an der Spitze des deutschen Teams stehen. «Da hat die Konferenz der Landessportbünde keine Zweifel, dass der DOSB-Präsident diese Delegation in Tokio anführen kann», sagte Ammon. Die Debatte um seine Zukunft dürfte den 60 Jahre alten DOSB-Chef bis nach Japan verfolgen.

Von Christian Hollmann, Florian Lütticke und Andreas Schirmer, dpa