Handball-Europameister wird Timo Werner sicher nicht mehr in seinem Leben.
Aber zumindest glitt dem frisch gekürten Champions-League-Sieger (natürlich im Fußball) der Ball nicht aus den Händen, als die deutschen EM-Kicker im Training kurz die Sportart wechseln mussten: Fangen und Werfen mit mehreren Bällen, Kommunikation, schnelles Reagieren standen auf dem Stundenplan.
Dass Werner im Adi-Dassler-Stadion dennoch herausstach, lag mehr an seinen pinken Fußballschuhen. «Sie sind nicht von mir designt», sagte der Stürmer des FC Chelsea schmunzelnd zu den auffälligen Schuhen. «Es gibt schlimmere. Sie sehen gut aus, dass man sie auch als Mann zwei, drei Monate tragen kann.» Heutzutage würden die Fußballtreter der Ausrüster ohnehin immer wieder schnell wechseln.
Nach Wechsel zum Chelsea: «Viele Hoch und Tiefs»
Werner zeigt sich ein Jahr nach seinem Wechsel aus der Bundesliga von RB Leipzig nach England zum FC Chelsea locker, selbstkritisch und kämpferisch zugleich. Seine erste Saison in London habe ihn vorangebracht, findet der Offensivspieler. Das Fazit sei «gut, wir haben am Ende die Champions League gewonnen, den größten Wettbewerb». Er habe viel lernen können in der Premier League: «Es war nicht alles schlecht, ich habe mich in vielen Sachen weiterentwickelt», sagte Werner, obwohl es ein Jahr «mit vielen Hochs und Tiefs» gewesen sei.
Vor allem bei seiner Hauptaufgabe, dem Toreschießen, schwächelte der Stürmer. Auf zwölf Treffer kam Werner in 52 Saisonspielen mit dem FC Chelsea. Eine Spielzeit zuvor mit RB Leipzig waren es 34 Treffer in 45 Spielen gewesen. «Natürlich muss man selbstkritisch sein. Das eine oder andere Tor mehr hätte es sein müssen», sagte Werner. Er hat aber auch schon einen Grund dafür gefunden: «Wenn man zuviel denkt als Stürmer, blockiert man seinen Instinkt. Das war bei mir ein bisschen das Problem diese Saison.»
Ungewohnte Joker-Rolle als Herausforderung
Auch mit der Nationalmannschaft hatte Werner eine lange Torflaute. Vier Partien nacheinander war er ohne Treffer geblieben, bevor er jüngst beim 7:1 gegen Lettland sein 16. Tor im 39. Länderspiel markierte. «Es ist im Moment so, dass ich hinten dran bin. Das ist auch nicht so schlimm», sagte Werner in Herzogenaurach. Seine neue Rolle als DFB-Joker will er zum Start der EM offensiv annehmen.
Im ersten Gruppenspiel am Dienstag in München gegen Weltmeister Frankreich werden Werners Chelsea-Kollege Kai Havertz sowie die beiden Bayern-Profis Serge Gnabry und Thomas Müller im Angriff erwartet. «Wir haben ein brutales Überangebot an Spielern im Offensivbereich», bemerkte Werner zur Konkurrenzsituation.
Negative Stimmung aber gibt es bei Werner nicht. «Ich bin kein Spieler, der sich mit verschränkten Armen auf die Tribüne setzt und schmollt», sagte er und fügte hinzu: «Ich hoffe, dass ich meine Einsätze bekomme. Ob ich von der Bank versuche, Tore zu schießen oder von Anfang an, ist mir nicht egal. Aber das ist ein Team-Turnier.»
Der gebürtige Stuttgarter machte aber auch deutlich, dass es für ihn eine ungewohnte Rolle ist. «Ich durfte mich noch nicht so oft in der Joker-Rolle beweisen. Ich habe öfter von Beginn an gespielt.» Und er wisse, dass er sich als Stürmer noch weiterentwickeln sollte, «dass man sich torgefährlicher zeigt, wenn man von der Bank kommt».
Werner will Bundestrainer Joachim Löw wieder von seinen Qualitäten überzeugen. Er könne dabei auch viel Flexibilität einbringen. Zuletzt in England habe es auch mit den Torvorbereitungen besser geklappt, warb er für sich. Er fühlt sich für alles bereit: «Das ist kein Wunschkonzert. Wir sind ja relativ variabel, da kann man auf jeder Position spielen.»
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