22. November 2024

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Wellbrock mit Rekord ins Finale – Koch im Vorlauf raus

Der erste Olympia-Auftritt von Florian Wellbrock macht große Lust auf mehr. Mit deutschem Rekord rauscht der Doppel-Weltmeister ins Finale, die erste deutsche Medaille seit 2008 ist greifbar.

Doppel-Weltmeister Florian Wellbrock präsentierte sich nach seinem Finaleinzug mit deutschem Rekord ganz cool.

Der 23-Jährige klatschte sich mit zwei Konkurrenten ab und stieg – von den Teamkollegen auf der Tribüne mit kleinen Deutschland-Fähnchen bejubelt – mit einem Pokerface aus dem Becken. Sein überzeugender Vorlauf-Auftritt über 800 Meter Freistil hat am Tag des ernüchternden Ausscheidens von Ex-Weltmeister Marco Koch die Hoffnungen auf das Ende der quälend langen Olympia-Tristesse deutscher Beckenschwimmer weiter vergrößert.

«Wollte einfach Gas geben»

«Ich wollte einfach Gas geben und das hat mit Romantschuk gut geklappt», sagte der Magdeburger nach Platz zwei in den Vorläufen am Dienstag knapp hinter Favorit Michailo Romantschuk. Zwar ist Wellbrock als Weltjahresbester über die 1500 Meter Freistil und im Freiwasser noch stärker einzuschätzen, aber die deutsche Medaillenmisere könnte schon vorher enden. In 7:41,77 Minuten unterbot Wellbrock seinen über zwei Jahre alten deutschen Rekord um über eine Sekunde und lag nur 0,49 Sekunden hinter dem Ukrainer. Am Donnerstag (3.30 Uhr) sind beide die ersten Anwärter auf Gold.

Nach zwei olympischen Nullnummern in London und Rio sehnt sich nicht nur der Deutsche Schwimm-Verband so sehr nach einer Beckenmedaille. «Ich hoffe, er zeigt der Welt, was er kann!», sagte Britta Steffen, die 2008 als bis dato letzte mit Doppel-Gold jubeln durfte. 14 Stunden vor dem Final-Auftritt seiner Verlobten Sarah Köhler über 1500 Meter Freistil in der deutschen Nacht zum Mittwoch begleiteten Wellbrock «Deutschland, Deutschland»-Rufe beim ersehnten ersten Start in Tokio.

Eigenes Rennen hat Priorität

«Ich saß hier wie auf heißen Kohlen», sagte der Magdeburger, der sich total fokussiert auf den eigenen Start nicht zu sehr mit Köhlers Final-Auftritt auseinandersetzen wollte. «Da hat mein Rennen Priorität, dann muss die Partnerin verzichten», sagte er. «Sie muss da auch ihr Ding machen, sie muss sich optimal vorbereiten. Und ob sie mein Rennen im Livestream schaut oder live, ist ihr überlassen.»

Der starke Wellbrock-Auftritt kam in Tokio als Stimmungsaufheller zur richtigen Zeit. Denn bevor der bei seiner glorreichen WM vor zwei Jahren über die 800 Meter im Vorlauf gescheiterte Wellbrock aufdrehte, sorgte der K.o. von Koch für Frust. Dagegen rückte die Freistil-Staffel der Männer über 4 x 200 Meter ins Finale vor, Franziska Hentke ins Halbfinale über 200 Meter Schmetterling.

Koch nach Aus ratlos

Koch konnte sich total ratlos und niedergeschlagen seine ernüchternde Zeit von 2:10,18 und Rang 20 nicht erklären. «Bis zum Einschwimmen habe ich gedacht, dass es so schnell werden kann wie noch nie. Ich war wirklich super, super drauf», sagte der 31-Jährige. «In dem Moment, als ich reingesprungen bin, habe ich mich müde gefühlt.» So schnell wie möglich wolle er jetzt nach Hause, sagte der langjährige Leistungsträger. Nach dem Urlaub stehen von Ende August an noch Wettkämpfe auf dem Programm, danach wolle er «mal gucken, wie es weitergeht».

Für Hentke, WM-Zweite von 2017, geht es wie für alle anderen 15 Vorlaufstarter mit dem Halbfinale über 200 Meter Schmetterling weiter. Wie ihre 2:09,98 Minuten und insgesamt Rang elf einzustufen waren, wusste die 32-Jährige selbst nicht. «Ich muss ehrlich sagen, dass ich es gerade noch nicht so richtig einordnen kann», sagte die Magdeburgerin, die es nicht zu locker angehen lassen wollte. «Man will ja für sich trotzdem ein gutes Rennen machen und nicht eine 2:20 baden. Das macht mit dem Kopf auch was.» Für Hentke war es das erste wichtige Rennen seit ihrem vierten Platz bei der WM 2019.

Damals vollbrachte Wellbrock das historische Kunststück zweier WM-Titel in Freiwasser und Becken binnen weniger Tage, jetzt war er über die 800 Meter Freistil schonmal über zehn Sekunden besser. «Vielleicht kann man das noch einmal ein bisschen optimieren», sagte er.

Stunden zuvor hatte im Tokyo Aquatics Centre die 17-jährige Lydia Jacoby aus Alaska mit Gold über 100 Meter Brust für einen Glanzpunkt gesorgt. Thomas Dean aus Großbritannien jubelte über Gold über 200 Meter Freistil, einer Weltrekordstrecke von Paul Biedermann. Kaylee Rochelle McKeown (Australien) gewann über die 100 Meter Rücken ebenso wie Jewgeni Rylow (Russland).

Von Christian Kunz und Thomas Eßer, dpa