22. November 2024

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Vorkampf-Aus beschließt Hausdings Olympia-Karriere

Patrick Hausding erlebt bei diesen Olympischen Spielen große Glücksmomente und zum Abschied einen Tiefpunkt. Die Olympia-Laufbahn des Ausnahme-Wasserspringers endet früher als geplant. Seine Teilnahme an einem anderen Großereignis ist offen.

Patrick Hausding schüttelte immer wieder den Kopf und konnte sich das so bittere Ende einer großen Olympia-Karriere selbst nicht erklären.

«Ich verstehe nicht, wie das so schieflaufen konnte», sagte Deutschlands bester Wasserspringer mit leiser Stimme nach seinem völlig überraschenden Vorkampf-Aus vom Drei-Meter-Brett. «Das war meine erste und letzte richtig schlechte Performance bei Olympia.»

Hausdings sportlicher Tokio-Abschied stand im völligen Kontrast zu seinen unvergesslichen Auftakttagen in der japanischen Hauptstadt. Stolz führte der Berliner als Fahnenträger das deutsche Team gemeinsam mit Beachvolleyballerin Laura Ludwig bei der Eröffnungsfeier an. Nach seinem ersten Wettkampf feierte der 32-Jährige euphorisch Bronze im Synchronspringen vom Drei-Meter-Brett mit Lars Rüdiger.

«Unerklärlich»

Für das Einzel-Kunstspringen war Hausding ebenfalls optimistisch gewesen. Als 21. fehlten ihm nach sechs Sprüngen mit 364,05 Punkten jedoch 19 Zähler für das Halbfinale. «So, wie mein Einspringen und mein Training waren, hätte ich mit fünf Sprüngen so viele Punkte locker gehabt», sagte Hausding mit hängendem Kopf in den Katakomben im Tokyo Aquatics Centre. «Gemessen an meinem Fitnesszustand, meiner Motivation und meiner Nervosität ist das unerklärlich.»

Sein missglückter Dritter Sprung – ein gehechteter zweieinhalbfacher Salto vorwärts mit zwei Schrauben – brachten Hausding aus dem Konzept. Er fiel fast vom Brett und musste erneut Anlauf nehmen. «Ab da war der Wurm drin», sagte Bundestrainer Lutz Buschkow, der sich zumindest über den souveränen Halbfinaleinzug des Dresdners Martin Wolfram freuen konnte.

«Ich bin ebenfalls traurig und ein bisschen sauer», meinte der 63-Jährige über seinen sonstigen Erfolgsgaranten Hausding, den er mal mit einer Katze verglichen hatte, die man aus dem Fenster wirft und die trotzdem gut lande.

«Sind keine Computer»

Er habe Hausding nach dem Wettkampf zum Trost «den Kopf gestreichelt» und wollte ihn anschließend mit seiner Olympia-WG in Ruhe lassen, sagte Buschkow. «Es sind keine Computer, die man an und ausstellt», sagte er. «Mentale Dinge spielen immer mit eine Rolle.» Buschkow verwies auf die lange Olympia-Woche, den aufregenden Fahnenträger-Job und die Wettkämpfe, «die geschlaucht haben».

Insgesamt stehen drei olympische Medaillen in Hausdings Bilanz. 2008 hatte er in Peking mit Sascha Klein Silber im Synchronspringen vom Turm gewonnen. In Rio de Janeiro holte er acht Jahre später Bronze im Einzel vom Drei-Meter-Brett. Dass die Tokio-Spiele sein viertes und letztes Ringespektakel werden, hatte der angehende Lehrer schon vorher angekündigt. Ob er im kommenden Jahr noch bei der WM startet, ließ Hausding offen.

Zunächst sehnt er eine gewisse Zeit weit weg von seinem Sport herbei, will sie mit Freunden und der Familie verbringen. «Kein Springen, kein Wettkampf-Druck, kein „Wir müssen Medaillen holen“. Einfach mal wie ein normaler Mensch leben für einen gewissen Zeitraum», sagte er. Am Mittwoch fliegt Hausding zurück in die Heimat.

Von Thomas Eßer und Christian Kunz, dpa