Der desaströse Königsklassen-Auftritt gegen Aalborg stürzte die vom schwächsten Bundesligastart seit 21 Jahren ohnehin verunsicherten Handballer des THW Kiel in tiefe Ratlosigkeit.
Ausgerechnet vor dem Bundesliga-Topduell mit dem noch ungeschlagenen Spitzenreiter Füchse Berlin am Sonntag (14.05 Uhr/NDR/RBB/Dyn) steckt der deutsche Rekordmeister in einer sportlichen Krise, aus der es offenbar so schnell kein Entrinnen gibt.
Sagosen-Abgang hinterlässt Spuren
«Wir hatten eigentlich gehofft, dass wir unsere Fehler abstellen können. Wir haben nicht unser Gesicht gezeigt, nicht das, was wir draufhaben. Jetzt stehen wir wieder hier und müssen uns hinterfragen», haderte Kreisläufer Patrick Wiencek nach dem 18:27 (6:11) gegen den dänischen Topclub mit Ex-THW-Torwart Niklas Landin.
Der Abgang des Weltklasse-Keepers und von Rückraumstar Sander Sagosen im vergangenen Sommer hat an der Förde tiefere Spuren hinterlassen, als die Verantwortlichen angenommen hatten. Der bisherige Saisonverlauf gleicht einer Achterbahnfahrt, weil dem Rekordchampion die Konstanz fehlt. «Wir sind in der Lage, jede Mannschaft zu schlagen. Aber wir sind nicht so stabil, die dafür nötige Leistung an jedem Tag abzurufen. Wir haben gedacht, dass wir weiter sind», räumte Trainer Filip Jicha ein.
Für Berlins Sportvorstand Stefan Kretzschmar kommt das nicht überraschend. «Es gibt auf der Welt nur eine Handvoll Spieler, die die Kultur einer Mannschaft verändern. Landin und Sagosen waren Eckpfeiler. Kiel hat momentan niemanden in seinen Reihen, auf den in schwierigen Phasen Verlass ist. Dem THW fehlt in Stresssituationen die Sicherheit», analysierte Kretzschmar.
Die Folge: Nach fünf Liga-Pleiten haben die Kieler bereits neun Minuspunkte mehr auf dem Konto als die Berliner und sieben mehr als Club-Weltmeister SC Magdeburg auf Rang zwei. Im Duell mit dem Hauptstadt-Club geht es für den Titelverteidiger schon um die letzte Chance im Meisterrennen. «Kiel hinkt den Erwartungen hinterher und hat enormen Druck», sagte Kretzschmar.
Hoffen auf Champions-League-Platz
Das weiß auch Jicha, der momentan noch die Rückendeckung der Kieler Vereinsführung genießt. Angesichts der zahlreichen Rückschläge flüchtet sich der Ex-Profi, der mit dem THW als Spieler siebenmal den Meistertitel und zweimal die Champions League gewann, in Durchhalteparolen. «Die Jungs wollen. Wir jagen unserer Stabilität hinterher und ich glaube daran, dass die Mannschaft das schafft. Wir dürfen nicht die Nerven verlieren und schreiben nichts ab», sagte der 41 Jahre alte Tscheche.
Auch Routinier Wiencek hat die Hoffnung auf bessere Zeiten nicht aufgegeben. «Wir hatten so eine Krise schon mal vor vielen Jahren und sind stärker zurückgekommen», sagte der 34-Jährige. Für den Fall, dass dies in dieser Saison nicht gelingt und der schlimmste Fall eintritt, hat Jicha bereits vorgebaut: «Sollten wir nächstes Jahr nicht in der Champions League spielen, muss die Mannschaft das als Herausforderung begreifen.»
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