Statt den gesicherten Einzug ins Achtelfinale zu bejubeln, saßen die deutschen Volleyballerinnen abgekämpft und enttäuscht auf dem Hallenboden. Denn nach dem knapp verlorenen Krimi gegen Tschechien droht in der erreichten K.-o.-Runde der Heim-EM ein absoluter Hochkaräter.
«Das macht es ganz schwierig. Ich bin schwer enttäuscht», sagte Bundestrainer Vital Heynen nach dem 2:3 im Tiebreak. «Heute waren wir so nah dran, um trotz des Ausfalls von Hanna und dieses schweren Umstandes das Turnier noch gutzumachen, aber wir haben es nicht geschafft.»
Das DVV-Team braucht nun gegen die übermächtig erscheinenden Türkinnen am Donnerstag (20.00 Uhr/Sportdeutschland.tv) vermutlich einen Sieg, um sich Platz zwei in der Gruppe zu sichern. Der zweite Rang würde ein mutmaßlich leichteres Achtelfinale, das in Belgien ausgetragen wird, bedeuten. Eine Chance darauf sieht Heynen nicht. «Die Qualität ist so viel größer als unsere. Wir versuchen gut zu spielen, aber gewinnen ist unmöglich», sagte der 54 Jahre alte Belgier.
Olympia-Qualifikation gefährdet
Möglicherweise steht die Türkei um Ausnahmespielerin Melissa Vargas zwar dann schon als Gruppensieger fest und könnte Spielerinnen schonen. Doch beim Weltranglistenersten ist auch die zweite Reihe hervorragend besetzt. Wird Deutschland Dritter oder Vierter könnte es in der Runde der letzten 16 gegen Weltmeister Serbien oder die Polinnen gehen, die Deutschland in der Nationenliga im Viertelfinale bezwangen – wenn auch knapp.
Dazu kommt: Die zwei Niederlagen gegen Tschechien und Schweden wirken sich auch in der für die Olympiaqualifikation so wichtigen Weltrangliste negativ aus. Deutschland rutschte dort auf Platz zwölf ab. Die Top Ten haben die besten Chancen auf eine Teilnahme an den Sommerspielen in Paris 2024.
Umso bitterer ist die verpasste Chance. Die verletzte deutsche Schlüsselspielerin Hanna Orthmann wurde auch gegen die Tschechinnen schmerzlich vermisst, doch das deutsche Team hatte den Sieg mehrmals in der eigenen Hand. «Uns hat der Mut verlassen, wir haben in wichtigen Momenten Fehler gemacht», sagte Kapitänin Lena Stigrot. «So gewinnt man kein Spiel, das haben wir uns selbst zuzuschreiben.»
«Momentum ist gekippt»
24 Stunden nach der ersten Niederlage des Turniers verspielte die deutsche Auswahl einen 2:0-Satzvorsprung und vergab vier Matchbälle. «Wir haben ihnen das Spiel geschenkt, wir haben so viele Eigenfehler gemacht, wie ich das noch nie von uns gesehen habe», sagte die 28 Jahre alte Stigrot. «Wir konnten diesem Druck, dass wir heute gewinnen müssen, nicht standhalten.»
18 Aufschlagfehlern standen nur drei Asse gegenüber. In den 144 Minuten hatten die Deutschen zunächst in den wichtigen Momenten immer die passende Antwort parat. Doch dann übernahm vor knapp 1900 Zuschauern und Zuschauerinnen die Nervosität. «Das Momentum ist gekippt», sagte Stigrot, die mit 20 Punkten zweiterfolgreichste Angreiferin war, aber auch vor einigen Fehlern nicht gefeit war.
Zumindest etwas Positives sah die 28-Jährige vor dem Spiel gegen die Türkei. «Jetzt braucht sich keiner mehr Druck oder einen Kopf machen. Jetzt gehen wir am Donnerstag hin, wollen die rappelvolle Halle genießen und machen hoffentlich noch mal ein gutes Spiel.»
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