Auch auf die Frage, wie es um sein Selbstbewusstsein bestellt ist, antwortete Thomas Röhler mit einem Lächeln. «Gut! Ich weiß ja, was ich trainiert habe.»
Was der Speerwurf-Olympiasieger von 2016 wirklich drauf hat – das weiß wenige Wochen vor den Tokio-Spielen allerdings kaum jemand. Bei den deutschen Leichtathletik-Meisterschaften am Samstag in Braunschweig stieg der 29-Jährige aus Jena nach einem ungültigen Versuch aus.
«Es ist eine Vorsichtsmaßnahme. Wir haben entschieden, wir gehen kein Risiko ein», sagte Röhler, als er vom Teamarzt kam. Vermutlich eine Verhärtung des Brustmuskels, meinte er und versicherte: «Das wirft mich kein Stück zurück.» Es war sein erster Wettkampf seit 2019 – und dann so etwas. Die Olympia-Norm bringt der Europameister noch aus der Vor-Corona-Zeit mit, aber der Deutsche Leichtathletik-Verband wird ihn nicht ohne einen Leistungsnachweis nach Tokio mitnehmen.
Gut trainiert in der Pandemiephase
«Es ist definitiv sehr viel passiert seit meinen letzten Wettkämpfen. Ich habe in der Pandemiephase gut trainiert, 2020 bewusst ausgelassen. Ich bin Papa geworden, eine wunderbare Situation», erzählte Röhler und zog – ganz der Athletensprecher bei World Athletics – auch eine Zwischenbilanz der Pandemie: «Die Sportwelt wurde aufgerüttelt, durchgerüttelt.»
Im April traten bei dem Thüringer Rückenprobleme auf. Jetzt plant er seinen nächsten Wettkampf für der 19. Juni in Madrid. Mit Argusaugen beobachten die anderen deutschen Werfer den Goldmedaillengewinner von Rio. Der neue Meister Julian Weber (Mainz) konnte sich zwar mit der Siegesweite von 80,33 Meter nicht groß empfehlen, aber der Kampf um die drei Olympia-Tickets ist mit Braunschweig noch lange nicht beendet. Auch der Potsdamer Bernhard Seifert macht sich noch Hoffnungen. Der EM-Zweite Andreas Hofmann wurde jedoch durch eine Ellbogen-Operation weit zurück geworfen.
Vetter verzichtete auf Start
«Wir haben in der Summe fünf Athleten, die die Olympia-Norm erfüllt haben, aber es ist noch früh in der Saison», sagte DLV-Leistungssportchef Idriss Gonschinska. Erst am 29. Juni endet der Nominierungszeitraum: «Thomas war vor den Olympischen Spielen in Rio auch sehr spät und sehr gut in Form gekommen.»
Während Röhlers Comeback schief ging, musste sich Johannes Vetter am Samstag nur darüber ärgern, dass der geplante Baggersee-Ausflug wegen Regens ausfiel. Der Offenburger steht mit seinen 96,29 Metern unangefochten an der Weltspitze, verzichtete aber wegen Adduktorenbeschwerden auf einen Meisterschaftsstart.
Der Olympia-Favorit wirft in diesem Jahr regelmäßig über 90 Meter, was Röhler so bewertete: «Aus meiner persönlichen Sicht geht er gerade ein sehr, sehr hohes Risiko. 90 Meter zu werfen, das hinterlässt Spuren im Körper», sagte er. «Aber er ist ein anderer Wettkampftyp. Ich drücke ihm die Daumen, dass es nichts Ernstes ist.»
Vetter kommentierte die Äußerungen Röhlers und sagte bei Sport1, dieser solle «sich lieber auf sich und seinen Gesundheitszustand konzentrieren. Der ungültige 68-Meter-Wurf von ihm bei den Deutschen Meisterschaften sah weitaus ungesünder aus als jeder 90-Meter-Wurf von mir in diesem Jahr.» Röhler habe zwar nicht unrecht, dass hohe Kräfte bei großen Weiten wirken würden: «Aber bei technisch unsauberen Würfen ist das weit gefährlicher.»
Die Sorge um den eigenen Körper eint den Edeltechniker Röhler und die Kraftmaschine Vetter in der Zeit vor Tokio. Ex-Weltmeister Vetter kennt nur das große Ziel Olympia-Gold. Röhler sagt: «Olympische Spiele sind für jeden ein Traum. Selbst wenn du Olympiasieger bist, sind Olympische Spiele immer wieder etwas Besonderes.»
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