Natürlich weiß Max Verstappen, dass er sich nach einer bislang fast perfekten Saison nicht mehr selbst stressen muss. «Klar wäre es schön, schon in Singapur Weltmeister zu werden, aber ich will nicht zu sehr an den WM-Titel denken», sagte der Formel-1-Dominator vor seiner Titelchance in Asien.
Gewinnt der Red-Bull-Star aus den Niederlanden am Sonntag (14.00 Uhr/Sky) in der schweißtreibenden Nacht auf dem Marina Bay Street Circuit und patzt auch noch die Konkurrenz, ist der früheste Titelgewinn in der Rennserie seit 20 Jahren perfekt. Die fünf verbleibenden Läufe wären nur noch die Kür.
Verstappen: «Ich spüre keinen Druck»
«Ich lasse das alles auf mich zukommen, ich spüre keinen Druck», sagte Verstappen. Elf Siege in 16 Rennen und das Wissen um sein starkes Auto sorgen für Gelassenheit. Fünfmal nacheinander gewann der Weltmeister zuletzt, vergrößerte den Abstand auf WM-Verfolger Charles Leclerc im Ferrari auf 116 Punkte. Hat der 25-Jährige nach dem Sauna-Grand-Prix bei extrem hoher Luftfeuchtigkeit und Temperaturen von rund 30 Grad 138 Zähler Vorsprung, ist ihm die WM-Krone schon nicht mehr zu nehmen. Ein Sieg für ihn ist allerdings Pflicht, ansonsten wird die Entscheidung auf den nächsten Sonntag im japanischen Suzuka vertagt.
Dass Verstappen noch scheitert, gilt als ausgeschlossen. «Was er geleistet hat, war sehr beeindruckend. Er hatte einen schwierigen Start und hat es dann schnell herumgerissen», sagte Mick Schumacher zu Verstappens bisherigem Jahr. Am Anfang war Ferrari noch stärker, Charles Leclerc übernahm zunächst die Führung im Gesamtklassement. «Wir hatten in den ersten Rennen Probleme, und das Team musste sehr schnell darauf reagieren», sagte Verstappen und ergänzte zufrieden: «Das haben wir geschafft.» Red Bull habe «das Maximum» aus den meisten Rennen geholt, während sich gerade Ferrari viele Fehler leistete und den Vorteil des zu Beginn stärksten Autos nicht für sich nutzen konnte.
«Ich glaube, es gehört zum Erfolgsrezept dieses Teams, dass wir uns auch bei Erfolgen immer die Frage stellen: Was können wir besser machen?», sagte Verstappen. Auf die kommende Saison wollte er noch nicht blicken, alle Konzentration gelte einem optimalen Rennen in Singapur. Konkurrent Esteban Ocon lobte jedoch: «Er ist in diesem Jahr so gut wie noch nie.» Deswegen steht Verstappen verdient mit so viel Abstand einsam an der Spitze.
Letzter Sieger in Singapur war 2019 Vettel
Noch nie konnte der Ehrgeizling allerdings auf dem spektakulären Stadtkurs unweit des Äquators gewinnen. In den vergangenen beiden Jahren wurde der Grand Prix wegen der Corona-Pandemie jeweils abgesagt, Sebastian Vettel gewann bei der letzten Austragung 2019 noch für Ferrari, dürfte in diesem Jahr aber keine Chance haben.
Zum Auftakt am Freitag zeigte sich Verstappen zunächst erneut stark, musste sich im ersten Training mit 0,084 Sekunden Rückstand aber überraschend Rekordweltmeister Lewis Hamilton geschlagen geben. Hauptkonkurrent Leclerc hatte zunächst Problemen mit den Bremsen, wurde aber noch Dritter. Bei der zweiten Übungseinheit blieb Verstappen dann ohne erkennbaren Grund sehr lange in der Box stehen und wurde lediglich Vierter. Ob es ein technisches Problem gab, wurde zunächst nicht bekannt.
Dass Verstappen das beunruhigt, ist aber nicht zu erwarten. Er wirkte in diesem Jahr gefestigter als noch bei Titel Nummer eins in der Vorsaison. Erst im allerletzten Grand Prix in Abu Dhabi machte er seinen Kindheitstraum perfekt und entthronte Hamilton. Der Brite hätte gerne erneut gegen Verstappen gekämpft, war in seinem Mercedes nach Jahren der Dominanz aber insgesamt erstmals wieder ohne Chance und ist nur WM-Sechster.
Hamilton wünscht sich «mehr Spannung»
Für die Zukunft wünscht sich der 37-Jährige wieder mehr Spannung. Denn ein früher Titelgewinn für Verstappen sei schlecht für die gesamte Formel 1. «Es ist nie toll, wenn eine Saison so schnell vorbei ist», sagte der Silberpfeil-Star: «Für dich als diesen einen Menschen ist es großartig, aber für den Sport ist es keine gute Sache.»
Trotz der anstehenden Titelfahrt könnte es für Verstappen in den kommenden Wochen aber noch ungemütlich werden. Red Bull soll neben Sebastian Vettels Rennstall Aston Martin einem Medienbericht zufolge in der vergangenen Saison die vorgeschriebene Kostengrenzen überschritten haben. Wie das Fachmagazin «Auto, Motor und Sport» berichtete, sei dies das Ergebnis einer Kostendeckelüberprüfung des Motorsport-Weltverbandes Fia. Beide Teams äußerten sich bislang nicht zu den Gerüchten. In der kommenden Woche soll die Fia die Ergebnisse der Überprüfung öffentlich machen, nach der auch Strafen drohen.
Laut Motorsportberater Helmut Marko macht sich Red Bull «momentan keine großen Sorgen», sagte er bei Sky. Aus Sicht des Teams habe es keine Kostenüberschreitung gegeben. Dass das Thema überhaupt an die Öffentlichkeit gelangt ist, bezeichnete Marko als «rufschädigend» und sagte: «Wenn die Fakten geklärt sind, können wir darüber reden.»
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