Es ist noch gar nicht so lange her, da hätte Jesse Marsch seinen Landsmann Pellegrino Matarazzo beinahe nicht erkannt.
Damals standen sie noch in der zweiten Reihe, Matarazzo arbeitete als Co-Trainer bei der TSG 1899 Hoffenheim, Marsch war Assistent von Chefcoach Ralf Rangnick bei RB Leipzig. Als die beiden Clubs in der Fußball-Bundesliga aufeinandertrafen, stand kurz vor dem Spiel plötzlich ein 1,98-Meter-Riese neben Marsch. «Vor ein paar Jahren in Hoffenheim kam ein großer Mann zu mir und sagt mit perfektem amerikanischen Akzent: „Jesse, how are you?“», erzählt Marsch. «Ich dachte zunächst, wer ist das?» Erst kurz darauf machte es klick.
Zwei US-Trainer treffen aufeinander
Am Freitag (20.30 Uhr/DAZN) werden Matarazzo und Marsch sich nun wiedersehen, und erneut findet diese Begegnung unter neuen Vorzeichen statt. In den 90er Jahren lernten sie sich als Studenten in den USA kennen, der Defensivspezialist Matarazzo traf mit seiner Universitäts-Mannschaft auf den etwas offensiveren Marsch. Viele Jahre später folgte die kuriose Begegnung der Co-Trainer in Hoffenheim, zur Krönung der gemeinsamen Treffen kommt es aber erst jetzt: Beim Duell zwischen Leipzig und dem VfB Stuttgart stehen sich Marsch und Matarazzo zum ersten Mal als Cheftrainer gegenüber. Ein Duell zweier US-Übungsleiter hatte es in der Bundesliga zuvor noch nie gegeben.
«Ich kann verstehen, dass es für US-Bürger ein besonderer Moment ist», sagte Matarazzo am Donnerstag. RB-Coach Marsch schwärmte vor dem gewissermaßen historischen Spiel: «Es war vor ein paar Jahren noch unvorstellbar, dass zwei US-Trainer in einer großer Liga ein Team haben.» So unbeliebt wie noch in den 90ern ist «Soccer» in den USA zwar längst nicht mehr. Aber im Vergleich mit Sportarten wie Basketball, Eishockey, Baseball oder Football liegt der Fußball in den Vereinigten Staaten noch immer weit abgeschlagen am Tabellenende. Trotzdem – oder auch deswegen – schafften es Matarazzo und Marsch als Trainer bis an die Spitze.
Trainer mit College-Vergangenheit
Ihr fußballerisches Talent war die Eintrittskarte für zwei der renommiertesten Unis des Landes. Neben seinem Studium der angewandten Mathematik kickte der heute 43-jährige Matarazzo für das Team der hoch angesehenen Columbia University in New York, Marsch (47) studierte Geschichte in Princeton – auf ganz unterschiedliche Art und Weise setzten beide schließlich alles auf die «Soccer»-Karte. «Diesem Ball, dem man auf dem Rasen hinterherrennt, habe ich alles zu verdanken», erzählte Marsch jüngst im Interview der «Süddeutschen Zeitung». Rangnick holte den Ex-MLS-Profi 2018 nach Leipzig, wo sein Aufstieg in Richtung Bundesliga über den Umweg RB Salzburg begann.
Matarazzo hat es dem VfB zu verdanken, dass der Club ihm 2019 erstmals das Vertrauen für ein Profiteam schenkte. Und die Verantwortlichen beim VfB trauen dem Familienvater noch viel mehr zu. «Pellegrino Matarazzo ist der Beste, den wir haben können. Rino wird hundertprozentig ein Champions-League-Trainer. Er hat alles dafür», sagte Sportdirektor Sven Mislintat kurz vor dem Saisonstart. Aber erstmal will Matarazzo im US-Duell seinen Kollegen Marsch ärgern. Nach dem 0:1 am ersten Spieltag in Mainz steht Titelanwärter RB gegen Tabellenführer VfB schon unter Druck. Ausgerechnet Matarazzo könnte seinem Landsmann den Auftakt so richtig verderben.
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