Nach dem emotionalen Sieg gegen Island feierten Deutschlands Handballer noch ein wenig den Geburtstag von Rückraumspieler Christoph Steinert und die ersten zwei Punkte der EM-Hauptrunde.
Alfred Gislason war dagegen mit den Gedanken schon beim nächsten Gegner. «Ich habe mich relativ wenig mit den Nachrichten auf meinem Handy, sondern bis weit in die Nacht mit den Österreichern beschäftigt», berichtete der Bundestrainer und forderte von seinen Schützlingen um Torwart Andreas Wolff volle Konzentration: «Jedes Spiel ist ein Endspiel und es fängt von vorn an. Eine Niederlage gegen Österreich – und der Traum vom Halbfinale wäre vorbei.»
Wolff warnt vor Österreich
Im prickelnden Prestigeduell mit dem Nachbarn am Samstag (20.30 Uhr/ARD und Dyn) muss die DHB-Auswahl nach dem erfolgreichen Kraftakt gegen Island nachlegen, um die Handball-Euphorie im Land weiter hochzuhalten. «Wir spielen jetzt gegen die Mannschaft der Stunde, die bisher äußerst positiv überrascht und mit Mykola Bilyk einen Ausnahmespieler in ihren Reihen hat. Die werden uns alles abverlangen», sagte der gegen Island überragende Wolff über den Rivalen.
Die Österreicher stehen mit 3:1 Punkten in der Tabelle der Gruppe I derzeit vor dem deutschen Team (2:2) und fühlen sich in ihrer Außenseiterrolle pudelwohl. «Wir haben bereits alle Erwartungen übertroffen und hoffen, weiter auf dieser Welle reiten zu können», sagte der langjährige Bundesligaprofi Robert Weber und verkündete: «Ich habe Mega-Bock auf das Duell mit Deutschland in einer ausverkauften Halle. Das ist eines der größten Spiele, die man erleben kann.»
DHB-Team setzt auf Fans
Die Rivalität zwischen beiden Teams ist zwar nicht so groß wie beim Fußball, wird aber trotzdem gepflegt. «Das ist ein schöner Klassiker», sagte Linksaußen Lukas Mertens. Den wollen Wolff und Co. mit Unterstützung der knapp 20.000 Fans unbedingt für sich entscheiden, um die Chance auf das Halbfinale am Leben zu halten.
«Wir hoffen, dass wir mit dem unglaublichen Publikum im Rücken den Flow entwickeln können», sagte Rechtsaußen Timo Kastening. Nicht nur Kapitän Johannes Golla weiß jedoch, dass dafür eine Steigerung in allen Mannschaftsteilen hermuss. «Wir sind dafür verantwortlich, dass es hier stimmungsmäßig richtig knallt. Wenn wir das hinbekommen, trägt uns die Halle», sagte der Kreisläufer.
Insbesondere in der Offensive hakte es gegen Island. «Wir müssen den Angriff besser hinbekommen, der war nicht so durchschlagskräftig», sagte Julian Köster. Der Rückraumspieler hatte mit seinem Tor wenige Sekunden vor Schluss den Sieg perfekt gemacht und Mitspieler wie Fans in Ekstase versetzt.
Dieses Hochgefühl soll die Mannschaft gegen Österreich zu den nächsten zwei Punkten tragen. Dem Bundestrainer ist die Rivalität ohnehin egal. «Das geht mich gar nichts an», sagte der 64 Jahre alte Isländer und stellte klar: «Ich will einfach nur Spiele gewinnen.»
Torwart gibt Rückhalt
Dabei setzen seine Schützlinge weiter auf ihren Ausnahme-Keeper, der gegen Island der Sieg-Garant war. «Ich will ihn nicht zu viel loben. Aber man kann schon sagen, dass er in dieser Verfassung derzeit wohl der beste Torwart der Welt ist. Er hält uns im Turnier, ist unsere Lebensversicherung und unser bester Mann», sagte Golla über Wolff. «Wir sind glücklich, dass er so gut drauf ist.»
Linksaußen Mertens brachte es kurz und knapp auf den Punkt: «Andi hat uns den Arsch gerettet. Was er gehalten hat, war unglaublich.»
Auch Gislason weiß, was er an dem 32 Jahre alten Torwart-Routinier hat. «Andi ist einer unserer Weltklassespieler und eine wichtige Führungsfigur. Er gibt den Jungs viel Sicherheit», lobte der Bundestrainer und fügte hinzu: «Er ist ausgeglichener geworden und zu einem Weltklasse-Torwart gereift. Das freut mich sehr.»
Dabei haben beide in ihrer gemeinsamen Zeit beim THW Kiel (2016 bis 2019) so manchen Streit ausgefochten. «Es war schwieriger für ihn als für mich. Er war jung, impulsiv und wollte immer spielen. Aber Niklas Landin war nicht so gut, wenn er von der Bank kam. Deshalb war Andi immer sauer, weil er nie anfangen durfte», berichtete Gislason im Rückblick. Zugleich versicherte er: «Auch wenn wir uns in Kiel mal gestritten haben, war unser Verhältnis immer gut.»
Für Axel Kromer ist Wolff bei der Heim-EM «ein Trumpf, auf den wir weiter bauen. Solch einen Mann im Team zu haben, ist Gold wert», sagte der Sportvorstand des Deutschen Handballbundes. Darauf setzt die Mannschaft auch gegen Österreich.
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