22. November 2024

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Tscheche Schick schockt Schottland mit Traum-Tor

Dank Patrik Schick nimmt Tschechien Kurs auf das Achtelfinale, das schottische EM-Comeback ist kräftig missglückt. Vor allem bei seinem zweiten Treffer trumpft der Leverkusener Stürmer groß auf.

Als er sich sein eigenes Traumtor für die EM-Ewigkeit noch einmal in der Wiederholung anschaute, war auch Patrik Schick selbst verzückt.

Mit einem Geniestreich aus fast 50 Metern krönte der tschechische Bundesliga-Profi seinen großen Auftritt beim 2:0 (1:0)-Sieg über Schottland, der dem Mit-Gastgeber die Stimmung bei der Rückkehr auf die Turnier-Bühne verdarb. Leverkusens Stürmer präsentierte nach seinen beiden Treffern (42./52. Minute) stolz die Trophäe als Spieler des Spiels.

«Es ist einfach perfekt», schwärmte der 25-Jährige am Montag im Hampden Park in Glasgow. «Es ist ein tolles Gefühl, umso mehr, nachdem ich das Tor jetzt in der Aufzeichnung gesehen habe. Ich habe den Ball schön getroffen – es ist wunderbar.»

«Tor des Turniers»

Schick erkannte beim genialen Distanzschuss zum 2:0, dass Schottlands Torhüter David Marshall zu weit vor dem Tor stand. «Es ist klar, dass wir bereits das Tor des Turniers gesehen haben», sagte Tschechiens Mittelfeldspieler Tomas Soucek. «Das zweite Tor war nicht von dieser Welt», sagte Coach Jaroslav Silhavy staunend. Schick setzte damit die gute Tor-Bilanz der Bundesliga fort: Es war der achte Turniertreffer eines in Deutschland angestellten Profis.

Auch in der tschechischen Heimat waren Fans und Medien begeistert: «Dieses Tor war Schick! Der tschechische Treffer aus der Spielfeldmitte beeindruckt die Welt», schrieb «iSport.cz». Schottlands Coach Steve Clarke wollte seinem Keeper keinen Vorwurf machen, dass er weit aufgerückt vergeblich zurückeilen musste. Es sei einfach ein «wunderschönes» Tor gewesen, räumte selbst der gegnerische Trainer ein. «Es ist ein fantastischer Abschluss. Man muss dem Stürmer hier Anerkennung zollen.»

Schottlands erste EM seit 1996

Trotz aufopferungsvollen Kampfes blieb die Hoffnung der Schotten auf einen erfolgreichen Auftakt in ihre erste Fußball-EM seit 1996 unerfüllt. «Wir haben noch zwei Chancen, eine gute Leistung zu zeigen und etwas daraus zu machen», sagte Mittelfeldakteur Stuart Armstrong. Vor dem britischen Duell am Freitag gegen England, das Kroatien 1:0 bezwungen hatte, sind die Chancen auf den ersten Einzug in eine K.o.-Runde rapide gesunken. Dagegen ließen sich die Tschechen vor ihren wenigen Fans unter den von 9847 Zuschauern feiern.

Viel Herz und Leidenschaft reichte Schottland im vom deutschen Schiedsrichter Daniel Siebert gut geleiteten Spiel gegen die cleveren Tschechen nicht. Der besondere Tag der ersten Turnier-Teilnahme nach der WM 1998 war den Bravehearts aber in jeder Sekunde des Spiels anzumerken. «Ich hoffe, dass wir die Nation inspirieren und die Leute glücklich machen», sagte Kapitän Andy Robertson. Zumindest zum Auftakt glückte das nicht. Umso wichtiger wird jetzt das prestigeträchtige Duell im Londoner Wembley-Stadion.

Herthaner Darida als Fixpunkt

Dann müssen die Schotten mehr Abschlussstärke zeigen. Gepusht von emotionalen Gesangseinlagen und Anfeuerungsrufen hatte sich die Tartan Army gegen Tschechien sehr leidenschaftlich präsentiert. Gefährlich wurde es meist, wenn Liverpool-Star Robertson auf der linken Seite in Aktion trat. Was Klopp-Schützling Robertson bei den Schotten war, war Herthas Vladimir Darida bei den Tschechen. Darida war Fixpunkt im Gäste-Spiel, stand aber wie alle in Schicks Schatten.

Der Leverkusener Schick präsentierte sich nicht nur wegen seiner Treffer stark. Er prüfte Schottlands Torhüter Marshall, der als Elfmeterheld in den Playoffs die Endrunden-Teilnahme ermöglicht hatte, weitere Male. Beim platzierten Kopfball von Schick war Marshall dann machtlos, beim Traumtor sah er schlecht aus.

Doch Schottland gab nicht auf. Jack Hendry traf aus 17 Metern die Latte (48.). Und nachdem Torhüter Tomas Vaclik so gerade noch mit einer Glanztat ein Eigentor durch Tomas Kalas verhindert hatte, kam die Kulisse nochmal mit Gänsehautatmosphäre zurück (49.). Bis Schick erneut zuschlug.

Von Florian Lütticke, Christian Kunz und Michael Heitmann, dpa