Aryna Sabalenka hielt den Silberpokal wie ein Baby in ihrem Arm, als sie überwältigt von den Gefühlen zur Dankesrede ansetzte. «Als Erstes will ich mich für mein Englisch entschuldigen, ich zittere immer noch und bin super nervös», sagte die Tennisspielerin nach ihrem ersten Grand-Slam-Turniersieg bei den Australian Open.
Überglücklich hatte die 24-Jährige zuvor die Trophäe von Tennis-Ikone Billie Jean King entgegengenommen und danach so schnell nicht wieder aus der Hand gegeben. Dass die Belarussin den bislang größten Erfolg ihrer Karriere unter neutraler Flagge feiern musste – als erste Grand-Slam-Turniersiegerin überhaupt – machte ihr im Moment des Triumphs scheinbar nichts aus. Sie fühlte sich vom Publikum auch als neutrale Athletin vom Publikum hervorragend unterstützt.
«Ich denke, jeder weiß noch, dass ich eine belarussische Spielerin bin», sagte sie nach dem 4:6, 6:3, 6:4-Sieg im hochklassigen Finale gegen Wimbledon-Gewinnerin Jelena Rybakina aus Kasachstan in der Pressekonferenz. Wegen des russischen Angriffskrieges dürfen Russen und Belarussen in Melbourne nicht unter ihrer Landesflagge antreten.
Emotionaler Triumph
Nachdem Sabalenka den vierten Matchball nach 2:28 Stunden verwandelt hatte, brach es aus ihr heraus. Sie sackte auf den Hartplatz der Rod Laver Arena zusammen, sie schluchzte, weinte, lachte – und konnte ihr Happy End im packenden Final-Krimi kaum glauben. Als sie wieder auf die Beine kam, ging sie als Erstes zu ihrer Box. Die Leute im «verrückten Team», sagte Sabalenka, hätten die Trophäe sogar noch «mehr verdient als ich».
Die früher oft nervenschwache Athletin blieb in ihrem ersten Grand-Slam-Finale fokussiert – auch nach dem verlorenen ersten Satz mit einer längst überwunden geglaubten Aufschlagschwäche. Sabalenka kämpfte sich mit ihren druckvollen Grundlinienschlägen zurück und sorgte im dritten Satz mit dem Break zum 4:3 für die Vorentscheidung. «Es war mein bestes Match, ich habe den Kampf wirklich genossen», sagte sie. Es sei der «beste Tag meines Lebens». Neben dem ersten großen Titel und dem Preisgeld von umgerechnet rund 1,95 Millionen Euro darf sich Sabalenka auch über den Aufstieg auf Platz zwei der Weltrangliste freuen. Höher stand sie in dem Ranking noch nie.
Rybakina, die auf ihrem Weg ins Finale in Iga Swiatek, Jelena Ostapenko und Viktoria Asarenka gleich drei frühere Grand-Slam-Turniergewinnerinnen aus dem Weg geräumt hatte, zeigte sich als faire Verliererin. Sie habe bei der Final-Atmosphäre «Gänsehaut» gehabt, sagte die 23-Jährige: «Ich hoffe, dass ich nächstes Jahr das gleiche Ergebnis erzielen kann – vielleicht sogar ein noch besseres.»
Hohes Niveau
Die gebürtige Russin, sie seit 2018 für Kasachstan startet, hatte im Finale ebenfalls groß aufgespielt. Die beiden ebenbürtigen Kontrahentinnen schenkten sich nichts und sorgten für großen Tennis-Spaß bei den Zuschauern im Stadion und am TV. «Was für ein tolles Finale!», schwärmte auch Bundestrainerin Barbara Rittner bei Eurosport: «Das ist das Tennis der Zukunft: Harte Grundlinienschläge, Initiative, tolle Aufschläge.»
Die frühere Fed-Cup-Spielerin Andrea Petkovic glaubt gar an eine Ära der sportlichen Rivalität zwischen den beiden Finalistinnen: «Wir sehen zwei Spielerinnen, die auch in den nächsten Jahren in großen Finals oft gegeneinander spielen werden, und das wird dem Frauen-Tennis den Push geben.» Rybakina hätte nichts dagegen: «Ich hoffe, wir werden noch viele Kämpfe haben.»
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