23. November 2024

Sport Express

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«Tragen, was man will»: Debatte um Kleidervorschriften

Eine Geldstrafe für die norwegischen Beachhandballerinnen sorgt für Aufsehen. Der Grund: ein Verstoß gegen die Bekleidungsvorschriften, weil die Athletinnen nicht in einer Bikini-Hose antreten. Das Thema Outfit von Sportlerinnen rückt vor Olympia wieder in den Fokus.

Weitsprung-Weltmeisterin Malaika Mihambo trägt bewusst sehr kurze Hosen, Elisabeth Seitz turnt in Tokio auch mal im Ganzkörperanzug, Beachvolleyballerin Karla Borger will frei über ihr Outfit entscheiden.

Auch vor diesen Olympischen Spielen wird über Bekleidungsvorschriften und die Wahl der passenden Shorts und Shirts debattiert. «Es geht darum, sich anziehen zu können, was man möchte. Ich finde, jeder sollte die Wahl haben zu spielen, in was er möchte», sagte Karla Borger in Tokio der Deutschen Presse-Agentur.

«Fühle mich aber so einfach frei»

«Natürlich sind unsere Trikots knapper als die von Männern. Da könnte man sich fragen: Warum tragen die Männer nicht auch einfach ein bauchfreies Trikot?», sagte Malaika Mihambo. Sie könne sich beispielsweise ihre Hosenlänge aussuchen und könnte auch mit längeren Hosen springen. «Ich fühle mich aber so einfach frei in meiner Bewegung – und nie unwohl», sagte die 27-Jährige kurz vor Olympia.

Gerade erst hatte eine Meldung aus der – allerdings nicht-olympischen – Sportart Beachhandball für Aufsehen gesorgt und das Thema wieder in den Fokus gerückt. Weil die norwegischen Spielerinnen bei der EM in Bulgarien statt der vorgeschriebenen Bikini-Höschen aus Protest etwas längere Sporthosen getragen hatten, mussten sie nach einer Entscheidung der Europäischen Handball-Föderation wegen «unangemessener Bekleidung» eine Geldstrafe von 1500 Euro zahlen.

Zoff um Stoff

Zoff um Stoff gab es in der Vergangenheit schon in zahlreichen Sportarten und bei verschiedensten Veranstaltungen. Vor den Olympischen Spielen 2012 in London waren im Beachvolleyball die Regeln geändert worden, wonach Frauen auch Hosen und Tops mit oder ohne Ärmel tragen dürfen. Das deutsche Duo Karla Borger/Julia Sude sagte einmal für ein Welttour-Turnier in Katar aus Protest gegen die Bekleidungsvorschriften ab. Bei der Turn-EM in Basel trugen jüngst einige deutsche Athletinnen einen Ganzkörperanzug und setzten damit ein Zeichen gegen die Sexualisierung in ihrer Sportart.

Bei den olympischen Turn-Wettbewerben werde sie auch in einem langbeinigen Anzug turnen, kündigte Elisabeth Seitz an. «Aber nicht nur. Wir tragen ja auch die herkömmlichen noch. Die Botschaft soll sein: Jeder soll tragen, was er will, je nach Lust und Laune. Wir wollen daraus keine Pflicht machen», sagte die 27-Jährige der «Bild».

Sie könne «mit beiden alle Geräte gut turnen» und mache das «nach Gefühl», sagte die 23-malige deutsche Meisterin. «Aber beim langbeinigen können keine falschen Gedanken bei denen aufkommen, die sich falsche Gedanken machen wollen. Der Fokus beim Spagat-Sprung liegt eben nicht mehr auf dem Schritt, das ist angenehm als Frau.»

Antiquiert wirkende Vorschrifte

Ob Beachvolleyball, Leichtathletik, Turnen oder Tennis – auch im 21. Jahrhundert bleiben die Debatten um die Arbeitskleidung von Sportlerinnen (und nur selten Sportlern) nicht aus. Die Aktionen der Turnerinnen sind ja auch Reaktionen auf Vorfälle oder unqualifizierte Kommentare der Vergangenheit. Antiquiert wirkende Vorschriften wie die der EHF tragen ihren Teil zum Diskussionspotenzial bei.

Dabei geht es den meisten Athletinnen in erster Linie einfach um die persönliche Entscheidungshoheit bei der Auswahl ihres Outfits. «Wir dürfen ja relativ frei wählen. Mittlerweile dürfen wir ja sogar in langer Hose ohne Rock spielen», sagte die deutsche Tennisspielerin Laura Siegemund am Mittwoch, als sie bei Temperaturen von mehr als 30 Grad in schwarzem Trägershirt und schwarzer kurzer Hose trainierte und am rechten Bein eine Art Kompressionsstrumpf trug. Auf die Frage, ob manches Outfit vielleicht zu knapp oder zu körperbetont gerate, sagte sie: «Das kannst du ja wählen, wie du deine Sachen trägst.»

Von Wolfgang Müller, Kristina Puck, Ulrike John und Maximilian Haupt, dpa