22. November 2024

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Tischtennis-Star Boll muss um seinen Platz kämpfen

Vor dem Finale bei den Europaspielen in Krakau ist Timo Boll im deutschen Team längst nicht mehr gesetzt. Sein Comeback nach langer Auszeit könnte sich weiter verschieben - ebenso das Karriereende.

Tischtennis-Bundestrainer Jörg Roßkopf hat einen Einsatz von Starspieler Timo Boll im Team-Finale der Europaspiele (18.15 Uhr) in Krakau gegen Schweden offen gelassen.

«Timo ist auf einem guten Weg, definitiv», sagte der Bundestrainer nach dem 3:1 im Halbfinale gegen Portugal zwar. Man müsse aber auch die lange Auszeit des 42-Jährigen beachten. «Dass er jetzt schon so weit ist, ist schon überraschend.» Gegen eine Nominierung Bolls spreche, «dass die anderen auch gut spielen».

Wegen einer Verletzung an seiner linken Schulter hatte der Rekord-Europameister letztmals Ende Februar in einem Pflichtspiel an der Platte gestanden. Boll, der für viele überraschend weder gegen Portugal noch im ersten Turnierspiel gegen Belgien (3:0) eingesetzt wurde, rechnete am Freitagabend «eher nicht» mit seinem Einsatz im Endspiel. «Mich jetzt im Finale reinzuwerfen, wäre wahrscheinlich riskant», sagte die frühere Nummer eins der Welt.

Boll will nach Paris

Bolls großes Ziel ist die Teilnahme an den Olympischen Spielen im kommenden Jahr in Paris, allerdings droht ihm im deutschen Team ein harter Konkurrenzkampf. «Es ist ein Run auf die Plätze», die Entscheidung zu treffen, sei schwierig, erklärte Roßkopf. Im engeren Kreis erwarte er «fünf, sechs Kandidaten», darunter Boll und das gegen Portugal siegreiche Trio mit Europameister Dang Qiu, Patrick Franziska und Dimitrij Ovtcharov. In Paris können nur drei Spieler zum Einsatz kommen, ein vierter reist als Ersatzmann mit.

Die Situation motiviere ihn, «sich zu quälen und fit zu halten und weiterhin auf höchstem Niveau zu spielen», sagte Boll. Bei den am Sonntag endenden Europaspielen hatte er gegen Belgien laut eigener Aussage freiwillig auf einen Einsatz verzichtet, um nach der langen Auszeit die Reaktion seines Körpers auf das Training abzuwarten. Gegen Portugal ließ ihn Roßkopf nur warmspielen.

Aber auch ohne Einsatz sei Boll für die Mannschaft wichtig, rechtfertigte der Bundestrainer die Reise des Routiniers zu den Europaspielen. «Seine Art, mit den Spielern zu sprechen, seine Art, diese Ruhe auszustrahlen» tue den tendenziell hektischeren Spielern im Team gut, meinte der Coach. Von Bolls großer Erfahrung sollten weiter alle profitieren.

An ein unmittelbares Karriereende nach Olympia 2024 denkt Boll ohnehin nicht. «Ich habe ja danach immer noch ein Jahr Vertrag bei Borussia (Düsseldorf).» Er sei fit und traue sich zu, «besser zu spielen als die letzten zwei, drei Jahre.»

Roßkopf und Boll kritisieren Termindichte

Roßkopf und Boll kritisierten die Austragung zu vieler Wettbewerbe binnen kurzer Zeit. Der Turnierkalender sei eine «absolute Katastrophe», sagte Roßkopf. Manche Top-Athleten anderer Sportarten seien nicht nach Polen gereist, «weil es einfach insgesamt zu viel wird für die Sportler, sie eh schon an ihren körperlichen Grenzen sind, eh schon viel los ist – bei uns auch», meinte Boll (42). 

Erst Ende Mai war in Südafrika die Tischtennis-WM ausgetragen worden, am 9. Juli wird im Rahmen der Finals der deutsche Mannschaftsmeister ermittelt. «Wir haben es trotzdem noch ernst genommen und unser bestes Line-up geschickt, das ehrt uns», sagte Boll mit Blick auf die Europaspiele.