Welch brotlose Kunst der Zauberfußball sein kann, hat Edin Terzic erst kurz vor dem 4:0 beim 1. FC Köln wieder gesehen.
Im Trainingsspiel habe Donyell Malen «ein herausragendes Fallrückzieher-Tor» erzielt, erzählte der Trainer von Borussia Dortmund nach dem Sieg zum Rückrundenstart: «Doch am Ende hat seine Mannschaft 1:3 verloren. Und sein Tor hat keine Gewichtung gehabt.»
Es sind Beispiele wie diese, die Terzic seinen Spielern derzeit immer wieder vor Augen hält, um seinen auf den ersten Blick so unpopulären Paradigmen-Wechsel zu moderieren. Stabilität statt Spektakel, defensive Leidenschaft statt Zauberfußball – diese Denkweise hat der Fußball-Vizemeister inzwischen verinnerlicht. Der BVB, bei dem eigentlich der offensive Spektakel-Fußball in der DNA verankert ist, gewinnt die Spiele plötzlich über die Defensive. So auch beim Vorletzten in Köln und eine Woche zuvor beim 3:0 bei Schlusslicht Darmstadt – auch wenn die klaren Ergebnisse nach späten Toren fälschlicherweise auf die offensive Urgewalt vergangener Tage hindeuten.
«Weniger sexy, mehr Erfolg», dieses Motto hatte Terzic schon im Herbst ausgerufen. Und es war nicht nur der Situation geschuldet, es ist nachhaltig zum Dogma des BVB geworden. «Diese Stabilität, die Kompaktheit, wenig zuzulassen – das wird der Weg sein für die Zukunft», bekräftigte Sportchef Sebastian Kehl am Samstag. «Man darf Bälle verlieren», sagt Terzic: «Aber man darf nicht sein Spiel verlieren.»
Genervter BVB-Keeper
Torhüter Gregor Kobel wird es hin und wieder sogar fast ein bisschen zu viel des Guten. «Manchmal nervt es mich ein bisschen, weil jeder vor meinem Gesicht rumturnt und ich nicht so viel sehe», sagte der Schweizer lachend. Aber zwei Spiele im neuen Jahr und noch kein Gegentor freuen Kobel natürlich. Zu Weihnachten hatte der BVB nur drei Treffer weniger kassiert als die akut abstiegsbedrohten Kölner.
«Wir haben in der Hinserie genug Gegentore bekommen», sagte Kehl: «Deshalb war das natürlich ein Thema, an dem wir arbeiten wollen.» Das Ganze wirkt gewöhnungsbedürftig, wenn der BVB harmlosen Kölner einfach das komplette Spiel überlässt. Wenn neun Feldspieler im Spiel beim Vorletzten maximal 30 Meter vor dem eigenen Tor agieren. Die Statistik wies am Ende sogar 19:11 Torschüsse für den FC und 13:4 Ecken aus. Doch um solche Zahlenspielereien schert sich Dortmund aktuell wenig. Sie sind billigend eingepreist.
«Es geht um die Wertigkeit des eigenen Tores», stellte Terzic klar: «Das wollen wir als Team beschützen. Dafür wollen wir alles reinwerfen.» Ansätze habe es schon gegeben, aber «es geht darum, das konstant ohne Schwankungen an jedem Spieltag zu zeigen.»
Und der Erfolg gibt Terzic recht. Der vor dem Jahresauftakt vor etwas mehr als einer Woche noch so weit erscheinende Weg in die Champions League, ist schneller als erhofft viel kürzer geworden. Nachdem Stuttgart und Leipzig beide Spiele des Jahres jeweils verloren haben, hat Dortmund nur noch einen Zähler Rückstand auf Rang drei.
Wenn das Gebilde funktioniert, ist das Personal auch leichter auszutauschen. In Köln fehlten Abwehrchef Mats Hummels und Emre Can, Niklas Süle musste in der Pause mit Rückenbeschwerden vom Feld. Doch der 19 Jahre alte Hendry Blank aus der 2. Mannschaft fügte sich hervorragend ein. Winter-Leihgabe Ian Maatsen erklärte, es fühle sich an, «als ob ich schon seit Jahren mit den Kollegen zusammenspiele».
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