Für den deutsch-türkischen Sportjuristen Erkut Sögüt war das Verhalten der türkischen Fußball-Fans beim 3:2-Sieg gegen Deutschland in Berlin kein Zeichen von missglückter Integration.
«Es war ein Heimspiel für alle», sagte der ehemalige Berater von Ex-Weltmeister Mesut Özil der Deutschen Presse-Agentur: «Integration bedeutet nicht, die eigene Kultur auszulöschen. Die leidenschaftlichen türkischen Fans, von denen viele Deutschland als ihr Zuhause betrachten, haben keinen Mangel an Integration gezeigt, sondern ihre doppelte Identität gefeiert.»
«Es ist die türkische Kultur»
Die lautstarken Pfiffe bei nahezu allen deutschen Ballkontakten während des Spiels seien nicht gegen Deutschland gerichtet gewesen, sagte der in Hannover als Sohn türkischer Eltern geborene Sögüt: «Es ist die türkische Kultur, während des Spiels zu pfeifen. Das haben die Fans von Galatasaray auch in München gemacht – aber eben auch in Manchester.»
Viele Türken seien «Menschen mit zwei Herzen», sagte Sögüt: «Wir können gleichzeitig deutsch und türkisch sein.» Klar sei aber auch: «Der türkische Fußball kann vom deutschen Fußball lernen. Vor allem in der Jugend- und Trainer-Ausbildung. Und das hat er auch schon getan.» Sögüt erinnerte daran, dass viele Spieler und Funktionäre in Deutschland «geboren und ausgebildet wurden. Deutschland hat also Anteil daran, dass die Türkei sich in den letzten Jahren entwickelt und für die EM qualifiziert hat. Und das ist den Türken auch bewusst.»
Außer in direkten Duellen gebe es durchaus großes Verständnis zwischen den Fan-Gruppen, sagte der promovierte Jurist. Und dies werde man im Sommer sehen. «Bei der EM werden Millionen Menschen zwei Teams unterstützen und mit deutschen und türkischen Fahnen gleichzeitig feiern», sagte der heute in Kalifornien lebende und arbeitende Sögüt: «Uns erwartet eine große Feier der Einheit und Vielfalt. Dieses Turnier wird den Gemeinschaftsgeist zur Schau stellen und die vielfältigen Identitätsebenen feiern, die jeder von uns in sich trägt.»
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