Dieses Mal dürfte Deutschlands Skisprung-Star Karl Geiger der Abschied aus seiner geliebten Heimat Oberstdorf gar nicht so schwer fallen.
Nach dem fünften Platz zum Auftakt der 70. Vierschanzentournee am Schattenberg verließ der 28-Jährige samt Team das verregnete und triste Allgäu, um selbstbewusst und ein bisschen erleichtert in Richtung Garmisch-Partenkirchen zu reisen.
Kobayashi ist der Gejagte
«Man merkt, es ist Druck auf dem Laden», sagte Geiger nach seinem medial massiv beachteten Auftritt zum Start der Tournee. Nun wird Oberstdorf-Sieger Ryoyu Kobayashi der Gejagte sein, Geiger hingegen wird als Jäger ins Jahr 2022 starten. Den Druckabfall von seinem Spitzenspringer wertet auch Bundestrainer Stefan Horngacher positiv: «Ich denke, er hat jetzt diese Spannung rausgesprungen und kann jetzt ein bisschen befreiter nach Garmisch gehen. Natürlich bleibt das Spannungslevel hoch, aber nicht mehr so immens hoch.»
Der Rollentausch zwischen Kobayashi und Geiger und der nur geringe Abstand von etwas mehr als drei Metern stimmen das deutsche Skisprung-Team zuversichtlich, im Jubiläumsjahr die Flaute zu beenden und erstmals seit Sven Hannawald 2002 wieder den Gesamtsieg bei der Tournee zu holen. Horngacher selbst versprüht Optimismus, obwohl erstmals seit fünf Jahren kein deutscher Podestplatz zum Auftakt in das Traditionsevent gelang. «Die Platzierung hier in Oberstdorf ist eigentlich nicht so relevant. Wichtig ist der Abstand, den man aufreißt oder nicht aufreißt», ordnete der Österreicher ein.
Geiger müde aber mit «gutem Gefühl»
Stattdessen verwies Horngacher darauf, dass es für Geiger als letztjährigen Oberstdorf-Sieger in der Folge gar nicht so einfach gewesen sei, mit dem hohen Druck umzugehen. In der Tat wirkte Deutschlands Vorzeigespringer nach dem kompletten verregneten Start gelöst, dass sich nun zunächst weniger um seine Person dreht. «Das war jetzt mal ein guter Einstand. Ich wollte erstmal dabei sein. Das ist mir gelungen. Es war nicht der einfachste Tag, aber es war ein guter Tag», sagte Geiger. Mit einem «guten, aber müden Gefühl» verließ er die Schanze, nachdem er drei Polizisten noch einen Fotowunsch erfüllte.
Jetzt also das prestigeträchtige Neujahrsspringen, das seit 2002 kein Deutscher mehr gewonnen hat. Das Team um Geiger und Zimmerkollege Markus Eisenbichler kennt die Schanze bestens, trainiert auch im Sommer und Herbst häufig darauf. Endet die Serie zum Start ins Olympia-Jahr 2022? «Logisch wäre das schön, aber jetzt gibt’s erstmal ein bissl runterfahren und dann wieder zur richtigen Zeit hochfahren. Das wird kein Zuckerschlecken, aber – ich sags jetzt mal so – es ist alles möglich», sagte Geiger. Wenn Kobayashi aber so glänzt wie bei seinem 141-Meter-Flug im zweiten Durchgang von Oberstdorf, dürfte das schwer werden.
Kurze Anreise nach Garmisch-Partenkirchen
Auffällig ist, wie viel Zuversicht im deutschen Team herrscht, auch wenn die Oberstdorfer Podestserie nun gerissen ist. Vor allem Horngacher kommuniziert hier offensiv, spricht immer wieder offen vom Gesamtsieg und dem Ziel, die lange Serie am 20. Hannawald-Jahrestag zu beenden. Nun ging es ohne großen Stress oder Zeitdruck die knapp zwei Stunden weiter Richtung Garmisch-Partenkirchen, an Silvester wartet die Qualifikation. «Am Ersten geht es dann wieder voll aufs Pedal», sagte Horngacher.
Neben Kobayashi und Geiger gibt es aber auch noch weitere Kandidaten auf den in diesem Jahr erstmals mit 100.000 Schweizer Franken (circa 96.000 Euro) dotierten Gesamtsieg. In Oberstdorf landeten das norwegische Trio Halvor Egner Granerud, Robert Johansson und Marius Lindvik auf den Rängen zwei bis vier. «Mit der Zeit sortiert sich die Favoritenrolle. Aus fünf werden zwei, mal gibts nur noch einen. Wir sind aber noch voll dabei», sagte Horngacher. 2016, 2018, 2019 und 2021 stand für Deutschland in Bischofshofen am Ende Rang zwei. Diesmal erhoffen sich Geiger und Horngacher mehr.
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