23. November 2024

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Silber-Coup für Anna Elendt bei WM: «Torte geht immer»

Deutschland hat wieder eine Einzel-Kurzstrecken-Medaillengewinnerin bei Schwimm-Weltmeisterschaften. Silber im 100-Meter-Brust-Finale von Anna Elendt war überraschend.

Anna Elendt klatschte bei der Siegerehrung die italienische Nationalhymne mit und freute sich dann schon auf eine mögliche Medaillen-Torte im Mannschaftshotel.

Die hatte sie sich nach einem mit Silber belohnten beeindruckenden Finale über 100 Meter Brust bei den Schwimm-Weltmeisterschaften in Budapest auch redlich verdient. Mit dem zweiten Edelmetall nach Silber für Lukas Märtens über 400 Meter Freistil zwei Tage zuvor hat das deutsche Team bereits nach drei Wettkampftagen im Becken so viele Medaillen wie bei den Titelkämpfen vor zwei Jahren insgesamt. Und die Auftritte der größten Medaillenhoffnung, Florian Wellbrock, kommen erst noch. Er steht als Vorlauf-Zweiter im Finale über 800 Meter Freistil.

«Wollte ins Finale kommen und sehen, was geht»

Ihr Silbercoup vor den Augen ihrer aus Frankfurt angereisten Eltern verschlug der sonst so wortgewandten 20-Jährigen kurzzeitig die Sprache. Elendt nahm die Medaille zwar mit einem breiten Lächeln in Empfang und präsentierte sie stolz den Fotografen. So recht realisiert zu haben schien sie den Erfolg in diesem Moment aber ebenso wenig wie kurz darauf, als sie bereits die ersten Autogramme gab. Erst als sie in den Katakomben der Duna Arena den Journalisten Rede und Antwort stand, war sie wieder die alte.

«Ich wollte ins Finale kommen und sehen, was geht. Dann ist es eine Silbermedaille geworden. Ich freue mich sehr», sagte Elendt und meinte, eine Torte, wie sie Märtens bekommen hatte, wäre nicht schlecht. «Torte geht immer.» Zuvor wollte sie aber noch mit ihren Eltern einen Spaziergang zum Hotel machen. «Ich habe sie schon gesehen, darüber habe ich mich sehr gefreut», sagte sie. Nur die Italienerin Benedetta Pilato war in einem spannenden Rennen fünf Hundertstelsekunden schneller.

Mit Silber ging für den Deutschen Schwimm-Verband eine 13 Jahre währende Wartezeit auf eine WM-Medaille auf einer Kurzstrecke zu Ende. Bei den Titelkämpfen 2009 hatte es letztmals Edelmetall im Einzel auf 50- oder 100-Meter-Distanzen gegeben, unter anderen zweimal Gold für Britta Steffen.

Wellbrock tankte Selbstvertrauen

Wellbrock will nun auf seiner Sorgen-Distanz nachlegen. Allerdings wird es nichts mit einem Duell der Clubkollegen um Edelmetall, denn bei Silber-Gewinner Lukas Märtens war im 800-Meter-Vorlauf «der Tank leer». Während Wellbrock als Zweitschnellster der Vorläufe zu den Topfavoriten auf eine Medaille zählt, bekommt Märtens eine unfreiwillige Pause. Regeneration scheint dringend nötig vor dem 1500-Meter-Showdown am Ende der Beckenwettbewerbe. «Die drei Tage brauche ich definitiv», sagte der Magdeburger nach dem 200-Meter-Endlauf, seiner Nebenstrecke, den er als Siebter und mit einem guten Gefühl beendete.

Freiwasser-Olympiasieger Wellbrock tankte Selbstvertrauen. «Es war grundsolide. Ich hatte gedacht, wir sind schneller unterwegs. Mit einer Zeit von 7:42 Minuten hatte ich gerechnet», sagte Wellbrock, der nach 7:44,75 Minuten anschlug und damit fünf Hundertstelsekunden langsamer war als sein Freund und Trainingspartner Michailo Romantschuk aus der Ukraine. Ein Handschlag und ein Schulterklopfen der beiden zeigte, dass sie trotz der Konkurrenz sehr gut miteinander können. «Wenn mich kein deutsches Team eingeladen hätte, wäre ich nicht hier», sagte Romantschuk.

«Man hat gesehen, dass der Tank leer war»

Märtens war dagegen erschöpft und suchte gar nicht erst nach Ausreden. «Man hat gesehen, dass der Tank leer war. Da ging wirklich nichts mehr. Ich wollte ins Finale kommen, aber es hat nicht gereicht», sagte der 20-Jährige, dem die Belastungen seiner bisherigen Auftritte über 400 Meter und 200 Meter Freistil sehr deutlich anzumerken waren.

Der Italiener Thomas Ceccon stellte derweil den ersten Weltrekord bei dieser WM auf. Über 100 Meter Rücken siegte der 21-Jährige in 51,60 Sekunden. Ceccon unterbot die knapp sechs Jahre alte Bestmarke des diesmal zweitplatzierten US-Amerikaners Ryan Murphy um 25 Hundertstelsekunden.

Von Gerald Fritsche und Thomas Eßer, dpa