24. November 2024

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Schweres EM-Gepäck: Fall Fuhr beschäftigt DHB-Frauen

Am kommenden Samstag starten die deutschen Handballerinnen in die Europameisterschaft. Zuvor gibt es noch zwei Härtetests. Doch die Konzentration auf den Sport fällt nicht leicht.

Begleitet von den anhaltenden Diskussionen um psychische Gewalt im Sport haben Deutschlands Handball-Frauen die letzte Etappe der EM-Vorbereitung in Angriff genommen.

Am Sonntag reiste die DHB-Auswahl um Mia Zschocke, die sich vor dem Abflug in einem Interview des «Tagesspiegel» ausführlich zu den schweren Vorwürfen gegen ihren ehemaligen Vereinstrainer André Fuhr äußerte, zu den finalen Härtetests gegen Ungarn und Rumänien beim Drei-Länder-Turnier in Tatabánya. «Ich hoffe, danach sind wir bereit für die EM», sagte Co-Kapitänin Emily Bölk.

Das hofft auch Bundestrainer Markus Gaugisch. «Die Spiele gegen zwei europäische Top-Gegner sind wichtig, um Rückmeldungen zu bekommen, wo wir stehen», sagte er mit Blick auf den EM-Auftakt gegen Polen am kommenden Samstag in Podgorica. Weitere Vorrundengegner bei der Endrunde sind der WM-Vierte Spanien und Co-Gastgeber Montenegro.  

EM-Vorbereitung und Aufarbeitung im Handball

Gaugisch steht vor der schwierigen Aufgabe, trotz der heftigen öffentlichen Debatte um die jahrelangen Vorfälle im Frauen-Handball den sportlichen Fokus auf die EM zu halten. Dies scheint dem 48-Jährigen zumindest beim einwöchigen Trainingslehrgang in Großwallstadt gelungen zu sein. «Ich bin sehr zufrieden, mit welchem Elan, welcher Dynamik und Begeisterung die Mannschaft die Tage durchgezogen hat», lobte der Bundestrainer.

Das jahrelang verdrängte Thema psychische Gewalt, das der Deutsche Handballbund mit Hilfe externer Fachleute nun intensiv aufarbeiten will, war dabei ein ständiger Begleiter. «Wir haben Gesprächsangebote an alle kommuniziert, die Türen sind offen. Wenn es etwas gibt, sind wir immer bereit, das ernst zu nehmen und zu helfen», sagte Gaugisch der Deutschen Presse-Agentur.

Der DHB hat mit den Professoren Carmen Borggrefe und Christian Pfeiffer sowie Benny Barth mittlerweile die ersten Experten in die neu gegründete Kommission zur Aufarbeitung der Vorwürfe gegen den ehemaligen Bundesliga- und Nachwuchsbundestrainer André Fuhr berufen. Die Kommission, die noch durch eine Betroffenenvertretung über Athleten Deutschland und eine Fachberaterin ergänzt wird, soll ihre Arbeit Anfang Dezember nach der EM-Endrunde aufnehmen. 

«Der grundlegenden Aufarbeitung muss sich der gesamte Handball stellen, aber es geht auch um Lehren für künftiges Handeln», sagte DHB-Präsident Andreas Michelmann: «Wir sind verantwortlich für die uns anvertrauten Spielerinnen und Spieler, müssen aber auch klar erkennen, wo wir Hilfe benötigen, um den an uns gestellten Ansprüchen gerecht zu werden.»

Zschoke regt düe die Zukunft Veränderungen an

Zschocke, die gemeinsam mit Amelie Berger den Fall Mitte September mit einer fristlosen Kündigung bei Borussia Dortmund öffentlich gemacht hatte, regt für die Zukunft Veränderungen «in dem gesamten System» an. «Angefangen bei neutralen Anlaufstellen, an die sich Betroffene wenden können, wenn sie die Unterstützung nicht vom Verein selbst bekommen», sagte die 24 Jahre alte Rückraumspielerin dem «Tagesspiegel». 

Mittlerweile haben sich zahlreiche Spielerinnen gemeldet, die nach eigenen Angaben psychisch unter den Trainingsmethoden von Fuhr gelitten hatten. Der 51-Jährige hat sich zu den Vorwürfen öffentlich bisher nicht geäußert. Dem DHB war vorgeworfen worden, trotz der schon lange kursierenden Vorwürfe nicht oder nur unzureichend gehandelt zu haben.

«Mich haben so viele Nachrichten von anderen Sportlerinnen abseits des Handballs erreicht, die sich bisher nicht getraut haben. Denen kann ich nur sagen: Seid mutig!», sagte Zschocke, die inzwischen beim norwegischen Club Storhamar spielt. Sie sei froh, «dass das Thema jetzt öffentlich ist und vergangene Betroffene gehört wurden.» Es sei wichtig, «dass das aufgearbeitet wird und Interventionsmaßnahmen geschaffen werden.» Sie selbst habe wegen der Causa Fuhr psychologische Hilfe gesucht. «Wir hatten so schwere Zeiten. Das verheilt nicht so schnell wie ein Knochenbruch. Das nimmt man länger mit», sagte Zschocke. 

Eric Dobias, dpa