War das schon die Abschiedsrede von Pal Dardai? Der Frust und die Enttäuschung über das Fünferpack-Debakel in München zehrten auch am Berliner Regensonntag noch am Trainer von Hertha BSC.
Also schlüpfte der Ungar in die Rolle, die er am besten kann. In einer Mischung aus gesunder Selbstbestimmung und beleidigter Leberwurst stellte Dardai seinen Posten bei seinem Herzensclub nach null Punkten aus drei Spielen und einem «schockierenden» Auftritt des Bundesliga-Schlusslichts beim FC Bayern mal wieder zur Verfügung.
«Wahrscheinlich sucht Hertha BSC seit langem einen großen Trainer. Pal ist ein kleiner Trainer, ein netter Trainer, er hilft aus so lange wie es sein soll. Wenn ein ganz großer Trainer hier ist, geht Pal sofort zurück zur U16 und macht seine Sache wie früher», sagte Dardai. Mit einem baldigen Aus könne er sich schon abfinden, betonte der 45-Jährige, der im Januar zum zweiten Mal in großer sportlicher Not als Chefcoach eingesprungen war.
«Ich hänge nicht an meinem Sitz, ich helfe gerade aus. Im Sommer hieß es auch nicht unbedingt, dass ich es mache», sagte die Vereinslegende einen Tag nach dem 0:5 beim FC Bayern. Ähnlich hatte sich Dardai auch schon nach dem gerade noch geglückten Klassenverbleib im Mai geäußert. Damals allerdings mit dicker Zigarre in der Hand und aus der starken Position des bei den Hertha-Fans beliebten Retters und Vereins-Rekordspielers. Damals habe auch der «Heilige Geist» geholfen in der Liga zu bleiben, meinte Dardai heute.
Rückendeckung vom Geschäftsführer
Noch reagieren die Hertha-Bosse nicht auf die eigentümlichen Reflexe Dardais. Geschäftsführer Carsten Schmidt oblag die undankbare Rolle im «Doppelpass» von Sport1 die Misere zu moderieren. Noch klang alles nach Rückhalt für Dardai und einem weiteren Doktern an den Symptomen des Berliner Fußball-Dauerpatienten. «Pal hat unser Vertrauen in dieser Phase absolut erarbeitet und wir haben auch das Vertrauen, dass er genau das, was wir jetzt brauchen, nämlich das „Gemeinsam Hertha“ jetzt schafft», sagte Schmidt.
Fredi Bobic wird als Sportchef Farbe bekennen müssen. Längst ist klar, das Festhalten an Dardai für diese Saison begründete sich eher mit strategischen Zwängen denn mit einer Grundüberzeugung an dessen Qualitäten. Stabilität und Wir-Gefühl sollten dauerhaft Einzug halten. Schmidt sprach vom «Quarantäne-Modus», den es wieder brauche. Nach Corona-Fällen hatte die Hertha sich im Saison-Schlussspurt mit Dardai als Leithammel endlich als kämpfende Einheit präsentiert. Davon ist nun wieder so rein gar nichts zu sehen.
Schmidt bemängelte, dass die Mannschaft bei den Niederlagen gegen Köln (1:3) und Wolfsburg (1:2) Defizite «teilweise in der Taktik und teilweise auch in der Bereitschaft» gehabt habe. Eine klare Kritik an Dardais Handeln. Über den Auftritt bei den Bayern werde man noch sprechen, kündigte er an.
Länderspielpause nutzen
Das hatte auch schon Sportdirektor Arne Friedrich klar gemacht. «Wir werden die Länderspielpause nutzen, uns neu ausrichten und die richtigen Erkenntnisse ziehen! Was wir heute abgeliefert haben, darf und wird sich nicht wiederholen!», schrieb er bei Twitter. Investor Lars Windhorst bedankte sich auf gleichem Weg für die «klaren Worte».
Dass der Millionen-Geldgeber und Dardai nicht auf einer Wellenlänge liegen, ist ein offenes Geheimnis. Der Trainer galt nach seiner offenen Kritik an dem Big-City-Motto von Windhorst bislang nur als vom Unternehmer geduldet. Offiziell darf dieser in sportliche Entscheidungen nicht reinreden.
Dass es der Mannschaft mit einem ständigen Kommen und Gehen offenkundig immer noch an Struktur und Hierarchie mangelt, ist wesentlicher Bestandteil der Krise. «Ich mache nicht die Transfers, das ist nicht die Aufgabe des Trainers», distanzierte sich Dardai erneut von der Personalpolitik des Vereins. In der kommenden Woche werde man viel trainieren, kündigte er als Krisenprogramm an.
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