22. November 2024

Sport Express

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Saudischer Fonds kauft die ESL: Nur ein stiller Partner?

Eine Firma des saudi-arabischen Staatsfonds wird neuer Eigentümer des E-Sport-Veranstalters ESL. Aus der Community kommt starke Kritik. Die Geschäftsführer jedoch zeigen sich unbesorgt.

Ein junges Publikum, steigende Umsätze: Für Investoren ist E-Sport weiter ein attraktiver Wachstumsmarkt. Doch nicht nur die Hoffnung auf Einnahmen macht diesen interessant – sondern auch die Möglichkeit, damit das eigene Image aufzubessern.

Im Januar gab die ESL, die sich aus Köln zu einem der größten unabhängigen Turnierveranstalter im E-Sport entwickelte, einen Eigentümerwechsel bekannt. Von der schwedischen Modern Times Group geht das Unternehmen zusammen mit dem Matchmaking-Dienst Faceit an die Savvy Gaming Group. SGG ist ein Tochterunternehmen des saudi-arabischen Staatsfonds PIF.

Wird die ESL zum «Sportswashing»-Fall?

Saudi-Arabien steht stark in der Kritik. Laut Amnesty International sind die Menschenrechte dort extrem eingeschränkt. Homosexualität ist strafbar. Abweichler, Frauenrechtler, Journalisten und selbst Verwandte von Aktivisten würden eingeschüchtert, willkürlich verhaftet und verurteilt, Dutzende hingerichtet.

Die Beteiligung an der ESL ist nicht der erste Fall, in dem der saudi-arabische Staat in den internationalen Sport investiert. Der spanische Fußball-Supercup und die Formel 1 gastierten dort 2021. Mit Newcastle United gehört dem Staatsfonds ein englischer Fußballverein, dessen Fans die neuen Eigentümer mehrheitlich begrüßten.

Kritiker sehen das als «Sportswashing» – also den Versuch, durch Sport das Image aufzupolieren und Missstände zu verdecken. Dabei würden auch beteiligte Sportler und Sponsoren helfen, so die Kritik.

ESL-Geschäftsführer: Werte sollen gleich bleiben

ESL-Mitgründer Ralf Reichert weist die Sorgen zurück. «Wir haben die Leute getroffen, und wir vertrauen den Leuten, mit denen wir arbeiten», sagt er im Interview mit der Deutschen Presse-Agentur.

Laut Faceit-CEO Niccolo Maisto sei die Wahl von SGG vor allem aus strategischen Gründen gefallen: «Wir wollen keinen Partner, der E-Sport nur als Goldesel sieht, sondern langfristig in unsere Vision investieren möchte.»

Für den neuen Eigentümer solle es nicht möglich sein, die ESL für die Verbreitung seiner eigenen Werte zu verwenden, sagt Reichert. Auch, weil das Führungspersonal gleich bleiben soll. «Es ist tatsächlich in unseren Händen, das nicht zuzulassen. Und sollten sie das vorhaben, werden wir uns aktiv dagegen aussprechen», sagt Reichert. Als Mitglied des Aufsichtsrates wolle er persönlich dafür einstehen.

On-Air-Talente besorgt über Deal

In der Community löste die Ankündigung dennoch Kritik aus – nicht nur unter Fans, sondern auch unter den eigenen On-Air-Talenten. «Im Moment ist mein Herz gebrochen», schrieb Frankie Ward, die für die ESL regelmäßig als Moderatorin und Interviewerin gearbeitet hatte, in einem Blogeintrag. «Ich hoffe, dass die SGG nur ein stiller Partner sein wird, und damit Geld einnehmen will, statt die Plattform für Propaganda zu nutzen, aber das wird sich nur mit der Zeit zeigen.»

Die Lage stelle sie jedoch vor eine schwierige Frage. «Ich muss mich entscheiden, ob ich mich von meinem größten Auftraggeber trenne – und damit praktisch von ganz Counter-Strike, da die ESL die meiste meiner Arbeit produziert», schreibt Ward. Von der Ankündigung sei sie überrascht worden. Gespräche mit der ESL, die Reichert im dpa-Interview angekündigt hatte, hätten erst danach stattgefunden.

Bereits in der Vergangenheit gab es im E-Sport starke Kritik an der Unterstützung durch saudi-arabische Staatsakteure. Die europäische League-of-Legends-Liga etwa hatte 2020 das Stadtprojekt NEOM als Sponsoring-Partner angekündigt. Vor allem nach starkem Protest aus dem diversen Moderationsteam machte die Liga einen Rückzieher.

Geschäftsführer nehmen sich in die Pflicht

Ob die Versprechungen von ESL und Faceit die Zweifel jedoch ausräumen können, bleibt abzuwarten. «Wir sind dafür verantwortlich, was wir tun werden. Unsere Werte werden sich nicht ändern», verspricht Maisto. «Und sollte es jemals passieren, würden in diesem unwahrscheinlichen Szenario beide Unternehmen und die Leute darin über Nacht verschwinden. Und das wird nicht passieren.»

Von Niklas Graeber, dpa