Am Steuer eines Lastwagens machte sich Norbert Loch auf zu seiner letzten Dienstreise als Rodel-Cheftrainer von Oberhof über Warschau nach Lettland. «Mir war einfach so, zu sagen: Ich mach‘ den Trip noch mal. Es ist eine schöne Reise», sagt Loch.
Der 61-Jährige aus Schönau am Königssee transportierte die Schlitten seiner Mannschaft nach Lettland, während seine Schützlinge mit dem Flugzeug unterwegs waren. «Warum soll nicht der Cheftrainer diesen Transporter fahren? Es hat mir», sagt Loch, «viel Spaß gemacht. Das war für mich noch einmal eine Challenge.»
Beim Weltcup-Finale am Wochenende sind die sportlichen Herausforderungen der Saison schon fast alle gemeistert. Die Sächsin Julia Taubitz und der nun verletzt fehlende Thüringer Max Langenhan haben die Einsitzer-Gesamtweltcups und die Sprintwertungen vorzeitig gewonnen. Theoretisch offen sind die Entscheidungen noch bei den Damen- und Herren-Doppelsitzern. Spannend wird es am Sonntag in Sigulda in der Teamstaffel.
Krönender Abschluss?
Lochs Mannschaft führt mit einem Vorsprung von 40 Punkten vor Erzrivale Österreich – ein Weltcup-Gesamtsieg mit der Mannschaft wäre der krönende Abschluss einer außergewöhnlichen Trainer-Karriere mit insgesamt 119 Mal Edelmetall bei Weltmeisterschaften und Olympischen Spielen. «Ich habe nie Medaillen gezählt, ich habe versucht mit den Athleten etwas voranzubringen», sagt Norbert Loch. Doch nun gilt: «Genug ist genug!»
Loch wurde in Friedrichroda geboren, einer der Rennrodel-Hochburgen der damaligen DDR. Nach der politischen Wende nahm er 1991 das Angebot als bayerischer Landestrainer an. Seit 16 Jahren, seit 2008, ist Loch für Deutschlands Rennrodlerinnen und Rennrodler verantwortlich. Beim letzten Großereignis, der Heim-WM in Altenberg, holten seine Sportlerinnen und Sportler die 97. WM-Medaille, der Team-Sieg war das 44. WM-Gold unter Lochs Regie. Bei Olympia gewannen seine Schützlinge insgesamt 22 Medaillen (13 Gold-, fünf Silber- und vier Bronzemedaillen).
«Ich bin stolz, viel zu seiner Bilanz beigetragen zu haben», sagt die sechsmalige Olympiasiegerin und neunmalige Weltmeisterin Natalie Geisenberger. «Bei ihm habe ich mit dem Rodeln angefangen. Uns verbindet ganz schön viel. Es war eine wahnsinnig tolle Zeit, auch dank dem Norbert.»
Lochs Sohn Felix, dreimal Olympiasieger und 14 Mal Weltmeister, hatte den bevorstehenden Abschied seines Vaters vom Cheftraineramt im Januar eher zufällig publik gemacht. «Ich bin froh, dass er das gemacht hat», sagte der Vater – und hatte damals eine Träne im Auge.
Höhepunkte? Viele!
Wenn Norbert Loch nach den Höhepunkten der Trainerkarriere gefragt wird, erinnert er sich mal an den einen oder anderen Augenblick. «Das ist eigentlich schwierig. Es gibt ganz viele emotionale Momente.»
Nicht spurlos an ihm vorbeigegangen ist, als Sohn Felix 2008 in Oberhof mit 18 Jahren jüngster Weltmeister geworden war. «Das war ein emotionaler Moment. Das muss ich zugeben. Es war meine erste WM – und eine tolle Leistung vom Felix.» Zwei Jahre später wurde der Filius dann jüngster Olympiasieger unter Papas Fittichen. Doch es gab auch bittere Momente: 2018 in Pyeongchang patzte der Sohn auf Gold-Kurs liegend, der Papa tröstete und freute sich dann Minuten später über den Olympiasieg von Johannes Ludwig.
«Zu Hause sind wir Vater und Sohn. Wir hatten nie Probleme», sagt der Papa. «Wir haben daheim nicht ein Wort übers Rodeln verloren. Die rote Linie wurde nie überschritten», sagte der Sohn einmal. Die beiden Lochs haben ihre eng verwobenen Sportkarrieren prima hinbekommen.
Der Nachfolger
Künftig werden die Rodler von Patric Leitner angeleitet. Der 47-Jährige, 2002 zusammen mit Alexander Resch Olympiasieger im Doppel, ist bereits als neuer Cheftrainer bestellt. Ganz raushalten wird sich Norbert Loch allerdings nicht. «Ich werde ihm administrativ noch etwas zur Seite stehen und in der Vorbereitung der nächsten Saison helfen.»
Was geht es mit Norbert Loch weiter?
Er wird künftig Leiter des Olympia-Stützpunktes in seiner Wahl-Heimat. «Der Hauptteil meiner zukünftigen Arbeit wird sein, dass ich in Berchtesgaden die Stützpunktleitung und das Management für die Sportarten Bob, Rodeln und Skeleton übernehmen werde.»
Das Verständnis zwischen den Sportlern und dem Trainer wurde zuletzt immer größer. «Die Athleten werden jünger, ich älter. Ich habe mich etwas ändern müssen in den letzten Jahren. Die Gesellschaft ändert sich, die Athleten ändern sich. Sie haben jetzt andere Ansprüche. Da wächst man zwar mit, aber irgendwann ist es auch mal gut.»
Jetzt freut sich Norbert Loch auf den nächsten Lebensabschnitt – der ohne den andauernden Reisestress ruhiger werden wird. Mit seiner Ehefrau Maria hat er sich schon im letzten Jahr im März ein Wohnmobil gekauft. Erst geht es Richtung Gardasee und dann nach Griechenland: «Ich habe schon die Fähre gebucht. Ansonsten wollen Maria und ich uns ein paar schöne Wochenenden und freie Zeiten gönnen.»
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