Deutschlands Handballer standen nach dem nächsten Dämpfer bei der Heim-EM mit versteinerten Mienen auf dem Parkett und wirkten wie in einem Schockzustand. Durch das 22:22 (11:12) im Prestigeduell gegen Österreich hat das Team von Bundestrainer Alfred Gislason den angestrebten Einzug ins Halbfinale nicht mehr in den eigenen Händen.
«Wir werden das als Einheit schaffen. Heute Abend müssen wir natürlich darüber sprechen, was heute passiert ist, denn so werden wir nichts erreichen bei dem Turnier», sagte Kapitän Johannes Golla in der ARD. Bundestrainer Gislason meinte: «Wir haben im Angriff den Punkt verloren.» Die vielen technischen Fehler seien «grausam» gewesen.
Vor 19.750 Fans war Juri Knorr in seinem 50. Einsatz im DHB-Trikot mit sechs Toren bester Werfer der deutschen Mannschaft, die fahrig und fehlerhaft agierte und am Ende mit dem Remis gut bedient war. «Das war unglaublich schlecht von uns und bringt uns womöglich um unsere Ziele», kritisierte Golla.
Mit 3:3 Zählern belegt die DHB-Auswahl in der Gruppe I nur den vierten Platz. Hinter Olympiasieger Frankreich (6:0), der sich gegen Island mit 39:32 durchsetzte, rangieren Österreich und Ungarn (jeweils 4:2). Ungarn, am Montag nächster Gegner der DHB-Auswahl, besiegt Kroatien mit 29:26. Die ersten Zwei der Gruppe erreichen die Vorschlussrunde.
Weber für Knorr in der Startformation
Unter den Augen fast aller Weltmeister von 1978 um Jubilar Joachim Deckarm, dem die Zuschauer einen Tag nach seinem 70. Geburtstag vor dem Anpfiff ein besonderes Ständchen darbrachten, saß der bisher überzeugende Regisseur Knorr zunächst nur auf der Bank. «Er war schon vor dem letzten Spiel ein wenig krank», begründete Gislason die Maßnahme.
Für Knorr rückte Philipp Weber vom Champions-League-Sieger SC Magdeburg in die Startformation. Doch ohne ihren Top-Spielmacher vom Pokalsieger Rhein-Neckar Löwen tat sich die DHB-Auswahl von Beginn an schwer.
Andreas Wolff und Constantin Möstl in Bestform
Zum Glück war Torwart Andreas Wolff in seinem 150. Länderspiel wie schon zuletzt beim 26:24-Zittersieg gegen Island sofort auf Betriebstemperatur. Der 32-Jährige sorgte mit seinen Paraden dafür, dass sich die Österreicher trotz des Chancen-Wuchers und etlicher technischer Fehler des DHB-Teams zunächst nicht absetzen konnten.
Doch auch Constantin Möstl im Tor der Österreicher präsentierte sich in Bestform und ließ die deutschen Spieler reihenweise verzweifeln. Mitte der ersten Halbzeit lag der EM-Gastgeber beim 4:6 mit zwei Toren hinten – und Gislason schickte Knorr auf das Parkett.
Österreich spielt unbekümmert auf
«Eine Niederlage gegen Österreich – und der Traum vom Halbfinale wäre vorbei», hatte der Bundestrainer vor dem Spiel gewarnt und eine schwere Aufgabe prophezeit. Er sollte Recht behalten, denn der Außenseiter spielte unbekümmert auf und baute den Vorsprung beim 10:6 erstmals auf vier Tore aus.
Erst in der Schlussphase des ersten Durchgangs agierte die deutsche Mannschaft etwas konsequenter im Angriff, woran Knorr einigen Anteil hatte. So betrug der Rückstand nach den ersten 30 Minuten nur noch ein Tor. «Wir müssen souveräner abschließen», forderte DHB-Sportvorstand Axel Kromer in der Halbzeitpause.
Heiner Brand wurde in der ARD noch deutlicher. «Was wir im Angriff gezeigt haben, das geht eigentlich gar nicht. Das war so etwas von schlecht», kritisierte der Weltmeister-Trainer von 2007.
DHB-Team holt Vier-Tore-Rückstand auf
Doch das Fehler-Festival setze sich nach dem Wechsel fort. Immer wieder scheiterten die deutschen Spieler an Österreichs Torwart Möstl, dem sie es mit vielen unplatzierten Würfen aber auch nicht allzu schwer machten.
Mitte der zweiten Halbzeit lagen die Gislason-Schützlinge beim 16:20 erneut mit vier Toren hinten. Angetrieben vom Publikum kämpften sich Knorr und Co. in der Schlussphase wieder heran und kamen tatsächlich noch zum Ausgleich.
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