Pelé, Maradona, Beckenbauer – sie alle haben den Fußball zu ihrer aktiven Zeit und danach geprägt. Doch wohl niemand hatte einen so großen Einfluss auf das Spiel wie Johan Cruyff.
«Sein Vermächtnis ist grenzenlos», sagte Startrainer Pep Guardiola über die niederländische Fußball-Legende, die heute 75 Jahre alt geworden wäre. Cruyff war beim FC Barcelona einige Jahre der Trainer des heutigen Coaches von Manchester City und hat beim Spanier Eindruck hinterlassen wie niemand vor und nach ihm. «Ich wusste nichts über Fußball», sagte Guardiola einmal, «bis ich Cruyff traf. Durch ihn haben wir den Fußball erst verstanden.»
Cruyff, der vor sechs Jahren an Lungenkrebs starb, wird an den Stationen seiner Karriere noch heute verehrt. Der FC Barcelona ernannte ihn zum Ehrenpräsidenten, in Amsterdam ist die Arena nach der legendären Nummer 14 benannt. Der «James Dean des Fußballs», wie Arsène Wenger den begnadeten Spielmacher einst nannte, wird bis heute fast überall in der Fußball-Welt vergöttert. «Für unsere gesamte Generation war Cruyff eine Quelle der Inspiration. Auch wegen seiner Ausstrahlung. Sein ganzes Auftreten strahlte Freiheit aus», sagte Wenger.
Schönheit des Spiels wichtiger als Ergebnisse
Freiheit – das war auch der Kern der Fußball-Philosophie von Cruyff. Als «Voetbal totaal» ging der bedingungslose Offensivfußball von Cruyffs Teams in die Geschichte ein. Die Schönheit des Spiels war ihm bei allem Ehrgeiz stets wichtiger als das Resultat. So wurmte ihn die Final-Niederlage bei der Weltmeisterschaft 1974 in München gegen Deutschland zwar noch viele Jahre später. Auf die WM an sich und das begeisternde Spiel des Oranje-Teams war Cruyff aber stolz.
«Natürlich hätte ich das Finale in München gerne gewonnen, aber dass man in der ganzen Welt noch immer über uns als die Mannschaft, die den schönsten Fußball gespielt hat, spricht, ist für mich ein größerer Sieg als der Gewinn des WM-Pokals», sagte Cruyff einmal im Rückblick über das 1:2 gegen Beckenbauer und Co. im Olympiastadion von München.
Der große Titelgewinn mit dem Oranje-Team unter seinem Mentor Rinus Michels blieb Cruyff also verwehrt. Auf Club-Ebene gewann das Genie am Ball dagegen alle wichtigen Titel. Ajax führte er 1971 bis 1973 drei Mal in Serie zum Titel im Europapokal der Landesmeister, mit dem FC Barcelona gelang ihm das Kunststück 1992 als Trainer. Guardiola im Mittelfeld, Ronald Koeman in der Abwehrzentrale und der Exzentriker Hristo Stoitschkow in der Offensive hatten Cruyffs Offensiv-Zauber mit schwindelerregenden Ballstafetten perfektioniert.
Cruyff als Experte und Kolumnist gefürchtet
Die katalanische Metropole wurde zur zweiten Heimat von «König Johan». Vom «niederländischen Zauberer» schwärmte sein einstiger Club 2016 in seinem Nachruf. «Ohne den Ball kannst du nicht gewinnen», lautete die Philosophie von Cruyff. Und auf diese Art und Weise spielte Barca jahrelang unter dem niederländischen Star-Coach, der abseits des Rasens mit seinem Hang zur Perfektion, seiner Sturheit und seinem Hang zur Besserwisserei auch immer wieder aneckte. «Seine Gegner auf dem Spielfeld ließ er oft ins Leere laufen und die Öffentlichkeit auch, wenn er es für angebracht hielt», schreibt der renommierte niederländische Autor Auke Kok in seinem jüngst erschienenen Buch «Johan Cruyff – Fußball total. Die Biografie».
Cruyff sagte ein Leben lang stets unverblümt seine Meinung. Seine Auftritte als Experte im Fernsehen oder als Kolumnist in der Zeitung «De Telegraaf» waren bei Trainern und Spielern gefürchtet. Doch aufgrund seiner beispiellosen Fähigkeiten als Profi und Coach konnte sich Cruyff die Rolle des Chefkritikers erlauben.
Verehrt wurde der «Rembrandt des Fußballs», wie das Fachmagazin «Voetbal International» in diesen Tagen schrieb, trotzdem bis zu seinem Tod und darüber hinaus. «Der Spiegel» schrieb vor sechs Jahren am Tag seines Todes: «Der 24. März 2016 ist der Tag, an dem der Fußball starb. So wie Buddy Holly den Rock’n’Roll erfand, so erfand Johan Cruyff den Fußball, wie wir ihn heute kennen.»
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