1069 Spiele, 394 Tore, 859 Scorerpunkte – der DEL-Rekordtorschütze und -Rekordscorer Patrick Reimer ist abgetreten, eine der größten deutschen Eishockeykarrieren beendet.
Das frühe Playoff-Aus der Nürnberg Ice Tigers wurde zur großen Abschiedsparty. Schon kurz vor dem Ende des 2:4 (0:2, 2:0, 0:2) gegen die Fischtown Pinguins aus Bremerhaven, die damit ins Playoff-Viertelfinale der Deutschen Eishockey Liga einzogen, wurde ausnahmslos nur noch Reimer gefeiert. Knapp 8000 Zuschauer in Nürnberg skandierten minutenlang Reimers Namen, der 40-Jährige wurde auf mehrere Ehrenrunden geschickt, bekam Anerkennung auch vom Gegner, Tränen flossen.
«Das war eine sehr, sehr emotionale Saison», sagte Verteidiger Oliver Mebus bei MagentaSport, auf Reimer angesprochen, ehe ihm die Stimme versagte. «Das ist ein großartiger Spieler und ein toller Mensch», sagte Mebus, als er sich wieder etwas gefangen hatte. Später, als Reimer eines seiner vielen Abschieds-Statements an diesem Abend gab, weinte Mebus schließlich hemmungslos. Zur neuen Saison könnte der 30-Jährige zur Düsseldorfer EG wechseln – dort, wo vor knapp 20 Jahren für Reimer alles begann.
«Bin einfach nur dankbar»
Im Dezember 2003 gab er sein DEL-Debüt für die DEG, mit der er in neun Jahren zweimal Vizemeister wurde. Als sich Geldgeber und Namenssponsor Metro später zurückzog, ging der längst zum wichtigen Nationalstürmer aufgestiegene Reimer nach Nürnberg, wo er schließlich noch elf Jahre blieb. «Ich bin einfach nur dankbar», sagte Reimer nun rückblickend. Meister wurde er zwar nie, doch bei zwei Clubs wegen seiner Bodenständigkeit zur Legende.
«Das zeigt, dass ich in den letzten Jahren vieles richtig gemacht habe», sagte Reimer zum Zuspruch am Freitag und vor wenigen Wochen bei seinem letzten Auftritt in Düsseldorf. Für etwas mehr Geld hätte es ihn nie aus seinen Wohlfühloasen Düsseldorf und Nürnberg weggezogen zu den größten Clubs der Liga.
«Für ihn tut es mir unglaublich leid. Ich hätte es ihm gegönnt, noch einmal ein Viertelfinale zu spielen. Denn dann weiß jeder, was ab da möglich ist», sagte Mebus zum frühen Aus seines Teams. Doch geschätzt wurde Reimer ligaweit stets auch ohne Titel. Auch die Bremerhavener Spieler zollten ihm am Freitag großen Respekt.
Die innigste Umarmung bekam er von seinem einstigen Weggefährten Alexander Sulzer. Mit dem früheren NHL-Verteidiger und heutigem Co-Trainer Bremerhavens und der Nationalmannschaft hatte er einst schon in der Jugend des ESV Kaufbeuren und später in Düsseldorf zusammen gespielt.
Silber in Pyeongchang
Im Nationalteam erlebte Reimer einst den größten deutschen Eishockey-Erfolg hautnah mit. Mehr noch, an der olympischen Silbermedaille von Pyeongchang war er maßgeblich beteiligt. Unvergessen sein Tor in der Verlängerung im Viertelfinale gegen die Eishockey-Großmacht Schweden, das nach quälenden Minuten des Videobeweises als «good goal» (korrektes Tor) in die deutschen Sport-Geschichtsbücher einging.
Zur tragischen Figur wurde er später im Finale gegen die russischen Athleten, als das Siegtor für den Olympiasieger in der Verlängerung in Überzahl nach einer Strafe für Reimer fiel.
Dem deutschen Eishockey dürfte der DEL-Rekordtorjäger wohl erhalten bleiben. Nicht als Trainer, sondern eher irgendwann mal als Sportlicher Leiter des Deutschen Eishockey-Bundes. «Mir hat die Nationalmannschaft sehr viel gegeben. Ich durfte beim bis dato größten Erfolg dabei sein. Und warum nicht dazu beitragen, dass es nicht der einzige Erfolg in diesem Maße bleibt?», sagte der Olympia-Finalist von 2018 zuletzt.
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