Rein räumlich ist bei RB Leipzig längst alles unter einem Dach. Viola Odebrecht wandelt wie selbstverständlich durch die Akademie des Pokalsiegers, könnte jederzeit Stars wie Timo Werner und Christopher Nkunku über den Weg laufen.
Im Alltag passiert das eher selten, da die Ex-Weltmeisterin seit vier Jahren für die Fußballerinnen verantwortlich ist. Und die werden mit nahezu hundertprozentiger Sicherheit in der kommenden Saison dort spielen, wo Werner und Co. bereits sind: in der Bundesliga.
Dass man dort konkurrenzfähig sein wird, haben in dieser Saison bereits Eintracht Frankfurt und die SGS Essen erfahren müssen. Beide Bundesligisten warf der Zweitliga-Tabellenführer aus dem Pokal, demütigte Essen sogar mit 6:1. Am Sonntag steht mit dem Halbfinale gegen den SC Freiburg (18.30 Uhr/Sky) das nächste Highlight-Spiel an – Fortsetzung mitnichten ausgeschlossen. «Ich hoffe natürlich, dass man sportlich keinen Klassenunterschied sieht und wir unabhängig des Ausgangs mithalten können», sagt Odebrecht im dpa-Gespräch.
Freiburg-Spiel als Testlauf
Das Halbfinale ist praktisch ein Testlauf für die kommende Saison. Das Spiel wird an der Akademie nahe der Leipziger Innenstadt ausgetragen, dort werden die Fußballerinnen auch in der Bundesliga spielen. Momentan tragen sie ihre Heimspiele in einem Vorort vor im Schnitt 300 Fans aus. Die 1800 Tickets für das Freiburg-Spiel waren innerhalb eines Tages vergriffen, die Kapazität war durch eine auch für die Bundesliga eingeplante mobile Tribüne eigens erhöht worden.
Wie man das in Leipzig eben so macht, hat man sich auch für die Frauen-Abteilung einen Masterplan zurechtgelegt. Nach dem Aufstieg gibt man sich zwei Jahre zur Akklimatisierung, dann sollte es zügig in Richtung Qualifikation zur Champions League gehen. Man will zur dritten Kraft neben Bayern München und den VfL Wolfsburg aufsteigen, die sich übrigens im zweiten Pokal-Halbfinale messen.
Mit jungem Kader zum Erfolg
Nach oben kaufen will sich RB nicht, organisches Wachstum heißt hier das Stichwort. Der mit einem Durchschnitt von um die 20 Jahre sehr junge Kader soll sich größtenteils auch in der Bundesliga beweisen. Das Budget wird sich zwangsläufig erhöhen, eine Vervielfachung steht aber nicht zur Debatte. «Wir werden Spielerinnen verpflichten, die schon Bundesliga gespielt haben. Aber wir holen keine Alexandra Popp oder Pernille Harder», betont Odebrecht.
Möglich wäre das vielleicht, doch auch in Leipzig bleibt der Frauenfußball ein Zuschussgeschäft. Im kürzlich veröffentlichten Saisonreport für die Spielzeit 2020/21 hatte der Deutsche Fußball-Bund (DFB) festgehalten, dass die zwölf Bundesligisten durchschnittlich einen Verlust in Höhe von 1,5 Millionen Euro machen.
Odebrecht: Emanzipation des Frauen-Fußballs weiter notwendig
Die gestiegene Wahrnehmbarkeit des Frauenfußballs spürt natürlich auch Odebrecht. Die Spielerinnen haben fast alle Berater, die Gehälter steigen. Die 40-Jährige findet das gut, schließlich beweist das einen erkannten Mehrwert des Sports. Den für die Liga entscheidenden Anschub sieht sie darin, dass die sogenannten Lizenzvereine – also die Bayerns, Wolfsburgs, Hoffenheims und Freiburgs dieser Welt – davon abgekommen sind, ihre Fußballerinnen nur als nettes Nebenprodukt anzusehen.
Dennoch gibt sich Odebrecht nicht der Illusion hin, dass es immer so weiterlaufen wird. Finanziell müssen sich die Fußballerinnen mittelfristig emanzipieren, exklusive Sponsoren für sich gewinnen. «Irgendwann sollte es ein Selbstläufer sein, aber ich hoffe, dass es in den nächsten zwei bis drei Jahren noch als Investment gesehen wird», sagte Odebrecht. Bis dahin müsse man den Frauenfußball als «eine Art Start-up sehen».
Dafür muss die Aufmerksamkeit weiter steigen. Die RB-Fußballerinnen werden deshalb in der kommenden Saison mindestens ein Spiel in der großen Arena austragen. 15.000 Fans sollen dann ins Stadion pilgern. Einen weiteren Schub könnte es durch die Freiburg-Spiele geben. Wie die Frauen treffen auch die Männer im Pokal-Halbfinale auf den Club aus dem Breisgau. «Das wäre natürlich etwas Besonderes, wenn sie Freiburg schlagen und wir auch», sagt Mittelfeldspieler Kevin Kampl. «Das wäre eine kleine schöne Geschichte.» Und schöne Geschichten braucht es im Frauenfußball.
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