24. November 2024

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Raus aus Liga-Frust: HSV will «Hand am Pott zu halten»

Der DFB-Pokal ist für den HSV in dieser Saison eine angenehme Kür. Raus aus dem Liga-Frust, weg von der Kritik. Gegner SC Freiburg spielt zwar eine starke Saison. Aber im Pokal ist der HSV ein anderer.

Wenn in der Liga kaum noch was geht, wird der DFB-Pokal zur Ersatzliebe. Der Hamburger SV hätte für das Halbfinale gegen den SC Freiburg am Dienstag (20.45 Uhr/ARD und Sky) einen weiteren Rang aufs Volksparkstadion setzen können.

Die 57.000 Tickets waren in Windeseile vergriffen. Zum Vergleich: Zu den Zweitliga-Spielen der Hamburger wollten zuletzt nicht mal mehr 25.000 Zuschauer kommen.

Der wohl zum vierten Mal in Serie verspielte Bundesliga-Aufstieg hat den Fans des HSV gründlich die Laune verdorben. Beim Pokalspiel machen sie jedoch gern eine Ausnahme. Denn das ist ein Feiertag im grauen Liga-Allerlei, das ist Entspannung statt Ärger.

«Die Sensation ist möglich»

«Die Sensation ist möglich», sagte Robert Glatzel, mit 18 Toren bester HSV-Schütze. «Das wird ein unfassbar geiles Spiel. Ich kann es kaum erwarten, endlich vor einer vollen Hütte zu spielen.» Das nämlich kennt er nicht. Genauso wenig wie der halbe Kader und Tim Walter als HSV-Trainer. Letztmals war die Arena im Februar 2020 voll bis unters Dach. Freiburgs Kapitän Christian Günter schwant nichts Gutes. «Es ist mit eines der lautesten Stadien, an die ich mich erinnern kann», sagte er respektvoll.

In Stimmung gebracht haben sich die Norddeutschen mit einem souveränen 3:0 gegen den Karlsruher SC. Und schon wurde gerechnet. Was ist noch möglich in der 2. Liga, wenn der HSV die vier ausstehenden Spiele gewinnt und die davor Platzierten stolpern?

Doch zunächst ist Pokal. «Berlin, Berlin – wir fahren nach Berlin», riefen die Fans bereits während der Karlsruhe-Partie. Der Druck lastet deutlich weniger auf dem Team als im Liga-Alltag. Selbst eine Niederlage gegen die in der laufenden Saison konstant starken Freiburger mit Champions-League-Ambitionen dürfte der Walter-Mannschaft kaum Kritik einbringen. Es gibt nichts zu verlieren. «Das eine ist die Papierform, das andere ist die Wahrheit auf dem Platz», betont Walter.

Dreimal bereits Cup-Sieger

Vor 35 Jahren holte der damals große HSV letztmals den Pott. Dreimal gelang ihnen das in der Vereinshistorie. Ein solches Hochgefühl wollen die Freiburger auch kennenlernen. Noch nie gewannen sie den Pokal, einmal standen sie im Halbfinale (2012/13). «Ich bin nicht für’s Träumen da. Ich habe etwas zu erfüllen mit meinen Arbeitskollegen, damit vielleicht ein Traum in Erfüllung geht», sagte Freiburgs Trainer Christian Streich humorlos. «Es geht darum, dass wir mit Demut nach Hamburg fahren.»

Die Reise an die Elbe ist für den 56 Jahre alten Fußballlehrer ein Aufleben alter Erinnerungen. «Ich habe immer wahnsinnig gerne gegen den HSV gespielt, weil das ein großer, großer Verein ist für mich aus meiner Kindheit und meiner Jugendzeit», sagte der Badener. «Ich habe sehr viele schöne Erinnerungen an Spiele bei St. Pauli und dem HSV. Es ist immer etwas Besonderes, in Hamburg zu sein. Ich habe mich gefreut bei der Auslosung.» Sein Kollege Walter lobte die Freiburger. Mit Streich seien sie dabei, eine Ära zu prägen. «Der Verein steht für Stabilität und Kontinuität. Das zeigt sich vor allem auf der Trainerposition», sagte der HSV-Coach.

Nicht wenige HSV-Fans unken: Das Spiel geht aus wie immer. Also: Verlängerung, Elfmeterschießen, HSV gewinnt. So war es in den vorangegangenen drei Runden. Gegen den KSC (3:2 i.E), 1. FC Köln (4:3 i.E.) und den 1. FC Nürnberg 4:2 (i.E.) musste die Entscheidung vom Punkt fallen. Walter nimmt eine erneute Zusatzschicht in Kauf, wenn denn so die Berlin-Reise zum Finale gebucht werden kann. Denn der Coach will einen Sieg, um «zumindest eine Hand am Pott zu halten».

Voraussichtliche Aufstellungen:

Hamburger SV: Heuer Fernandes – Heyer, Vuskovic, Schonlau, Vagnoman – Reis, Meffert, Kittel – Jatta, Glatzel, Alidou

SC Freiburg: Flekken – Kübler, Lienhart, Schlotterbeck, Günter – Höfler, Eggestein – Sallai, Grifo – Jeong, Petersen

Von Franko Koitzsch, dpa