Corona-Chaos, keine Medaille und ein Rassismus-Eklat als absoluter Tiefpunkt: Die olympischen Rennen waren für die deutschen Straßenradsportler letztlich schlicht zum Vergessen.
Abgesehen von der sportlichen Bilanz, in der wie schon vor fünf Jahren in Rio de Janeiro kein Edelmetall steht, sorgte Sportdirektor Patrick Moster im letzten Rennen auf der Highspeed-Rennstrecke am Mount Fuji auch noch für eine verbale Entgleisung.
Moster sorgt für Rassismus-Eklat
«Ich stand in der Verpflegung und habe Nikias Arndt angefeuert. Im Eifer des Gefechts und mit der Gesamtbelastung, die wir momentan hier haben, habe ich mich in der Wortwahl vergriffen. Es tut mir unendlich leid, ich kann nur aufrichtig um Entschuldigung bitten. Ich wollte niemanden diskreditieren», sagte Moster der Deutschen Presse-Agentur. Platz sechs von Lisa Brennauer und Rang 15 für Max Schachmann im Einzelzeitfahren rückten ebenso in den Hintergrund wie die Olympiasiege von Annemiek van Vleuten und Primoz Roglic.
Moster wollte Nikias Arndt anfeuern, den vor dem Kölner fahrenden Algerier einzuholen. Dabei ließ er sich zu einem rassistischen Aussetzer verleiten. Der Sportler verurteilte die Vorkommnisse scharf. «Ich bin entsetzt über die Vorfälle beim heutigen olympischen Zeitfahren und möchte mich hiermit deutlich von den Aussagen des sportlichen Direktors distanzieren!», schrieb Arndt bei Twitter.
«Die Aussage ist nicht akzeptabel», betonte Rudolf Scharping, der Präsident des Bundes Deutscher Radfahrer. Er kündigte Gespräche nach Olympia an, verwies aber ähnlich wie Moster selbst auf den «besonderen Stress» des Männer-Teams in Japan.
Der Radsport-Weltverband UCI hat mit deutlicher Kritik auf den Kommentar des deutschen Sportchefs reagiert. Der Verband bedauere Mosters Worte zutiefst, hieß es in einer Mitteilung des Weltverbandes. «Diese Bemerkung geht gegen die Werte, die die UCI repräsentiert, fördert und verteidigt. Es gibt keinen Platz für Rassismus im Sport.» Die UCI werde sich weiterhin dafür einsetzen, alle Arten von Diskriminierung im Radsport auszumerzen und für Diversität und Gleichheit eintreten.
«Wir haben selbst viele Bekannte mit nordafrikanischen Wurzeln, wie gesagt, es tut mir leid», sagte der 54-jährige Moster. Der Deutsche Olympische Sportbund zitierte Moster noch am Mittwoch zu einem Gespräch. «Es ist wichtig, dass sich Patrick Moster unmittelbar nach dem Wettkampf für die heutigen Aussagen entschuldigt hat», sagte DOSB-Chef Alfons Hörmann nach einem «offenen und selbstkritischen Gespräch». Dabei sei klar geworden, dass es Moster «unendlich leid tut. Sowohl er als auch das gesamte Team werden daraus die notwendige Sensibilität für die künftigen Wettbewerbe mitnehmen.» Moster ist für die am Montag beginnenden Bahnwettbewerben in Izu vor Ort vorgesehen.
Verkorkster Fuji-Trip
Seine Geschmacklosigkeit passte irgendwie zum verkorksten Fuji-Trip der Straßenfahrer. Am Fuße von Japans berühmtesten Berg wurden die Ambitionen einen Tag vor dem Straßenrennen von dem positiven Corona-Test von Simon Geschke ausgebremst. Nach einer nahezu schlaflosen Nacht fuhr Schachmann noch auf Platz zehn, die Medaille verpasste der Berliner aber klar.
«Mit der Leistung war ich nicht unzufrieden. Ich bin all-in gegangen, weil ich mich nicht für einen fünften oder sechsten Platz verstecken wollte. Im Zeitfahren lief es dann gar nicht», sagte Schachmann der dpa. «Gut vorbereitet und dann ging es am Tag vor dem Straßenrennen los. Ich werde das abhaken und gucken, dass ich mir für das Jahr wieder neue Ziele stecken und angreifen kann.»
Schachmann: «Habe mir nichts vorzuwerfen»
Ein Ziel sind sicher auch die nächsten Sommerspiele in drei Jahren in Paris. Viel anders machen will Schachmann vorher nicht, sollte er nominiert werden. «Ich habe mir in der Vorbereitung nichts vorzuwerfen», sagte der 27-Jährige. Nach dem Straßenrennen hatte es Diskussionen gegeben, ob die Tour de France nicht die bessere Vorbereitung auf Tokio gewesen wäre.
Auch bei den Frauen muss der BDR auf der Jagd nach einer olympischen Straßenmedaille weiter in die Warteschleife. Wobei die deutsche Meisterin Lisa Brennauer mit ihren sechsten Plätzen im Straßenrennen und im Zeitfahren deutlich dichter dran war. «Ich habe das Podium nicht an einer bestimmten Stelle verloren, war immer auf etwa derselben Platzierung», sagte Brennauer. «Wie nach dem Straßenrennen werde ich mich morgen wohl über das Ergebnis freuen. Eine Medaille wäre ein Traum gewesen. Ich habe das Beste aus mir herausgeholt, da habe ich mir nichts vorzuwerfen.»
Der anspruchsvolle Kurs rund um die Teststrecke des Autoherstellers Toyota verlangte den Fahrerinnen bei Temperaturen von etwa 30 Grad alles ab. Mit über 400 Höhenmetern wies die Strecke praktisch keine flachen Abschnitte auf. Schon bei den Zwischenzeiten lag die 33 Jahre alte Allgäuerin deutlich zurück und hatte im Ziel einen Rückstand von 1:57,22 Minuten auf van Vleuten. Lisa Klein wies am Ende 2:48,48 Minuten Rückstand auf. «Mit der Platzierung bin ich auf keinen Fall zufrieden. Die Top Ten hätten es schon sein sollen», sagte Klein.
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