21. November 2024

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Radstar Evenepoel holt WM-Gold – Skandal um van der Poel

Remco Evenepoel bewegt sich auf den Spuren des legendären Eddy Merckx. Wie sein belgischer Landsmann gewinnt er im Alter von 22 Jahren den WM-Titel. Für einen Skandal sorgt ein anderer Star.

Remco Evenepoel schlug die Hände vor sein Gesicht, schüttelte den Kopf und rollte nach einer beeindruckenden Triumphfahrt jubelnd über den Zielstrich. Überschattet vom Skandal um Mitfavorit Mathieu van der Poel ist der belgische Jungstar in Down Under erstmals zum WM-Titel gestürmt.

Der 22 Jahre alte Rad-Profi holte sich nur zwei Wochen nach seinem Vuelta-Erfolg nach 266,9 Kilometern im australischen Wollongong den Sieg im Straßenrennen vor dem Franzosen Christophe Laporte und dem Australier Michael Matthews. Damit bewegt sich das Jahrhunderttalent immer mehr auf den Spuren seines legendären Landsmannes Eddy Merckx, der 1967 ebenfalls im Alter von 22 Jahren seinen ersten WM-Titel gewann.

Es war eine beeindruckende Show von Evenepoel, der die Nachfolge des Franzosen Julian Alaphilippe antrat, der zuletzt 2020 und 2021 triumphiert hatte. 72 Kilometer vor dem Ziel setzte sich der belgische Ausnahmefahrer mit einer größeren Gruppe von den Mitfavoriten wie Tadej Pogacar (Slowenien), Matthews oder Alaphilippe ab. Bei einer weiteren Tempoverschärfung zwei Runden vor Schluss konnte dann nur noch der Kasache Alexej Luzenko folgen, der aber 26 Kilometer vor Schluss gegen den Belgier auch nichts mehr ausrichten konnte. Die deutschen Fahrer spielten erwartungsgemäß keine Rolle.

Van der Poel festgenommen

Für den großen Aufreger sorgte allerdings van der Poel, der am Vorabend für einen Skandal gesorgt hatte und zwischenzeitlich wegen eines tätlichen Angriffs im Hotel festgenommen wurde. Es hatte eine Auseinandersetzung mit zwei Kindern gegeben, die mehrmals an seiner Tür geklopft hatten. Berichten zufolge wurde der Arm eines Mädchens verletzt. Der 27-Jährige wurde wegen zweifacher Körperverletzung angeklagt und am frühen Sonntagmorgen auf Kaution wieder freigelassen. Am Dienstag muss Van der Poel vor Gericht erscheinen. Der frühere Cross-Weltmeister ging im Straßenrennen noch an den Start, gab nach gut einer Stunde aber auf.

«Es stimmt, ja. Es gab einen kleinen Streit», sagte van der Poel dem belgischen TV-Sender Sporza vor dem Start. «Es ging um laute Nachbarn und die sind hier ziemlich streng.» Er sei früh ins Bett gegangen. Viele Kinder im Flur seines Zimmers hätten es aber notwendig gefunden, an die Tür zu klopfen. «Nach ein paar Mal war ich damit fertig. Ich bat nicht freundlich darum aufzuhören. Dann wurde die Polizei gerufen. Ich war erst um 4 Uhr wieder in meinem Zimmer. Das ist sicher nicht optimal. Es ist eine Katastrophe, aber ich kann nichts mehr ändern.» Vor allem war van der Poel damit kein Konkurrent mehr von Evenepoel.

Evenepoel auf den Spuren von Merckx

Evenepoel wird in seiner Heimat bereits als der neue Eddy Merckx gefeiert. Und seine Entwicklung ist verblüffend. 2016 war er noch Junioren-Nationalspieler beim belgischen Fußball-Rekordmeister RSC Anderlecht, mit 16 Jahren lief er auch den Brüsseler Halbmarathon in 1:16:15 Stunden, ehe der Junge aus Schepdaal die Liebe für den Radsport entdeckte. Nur zwei Jahre später war Evenepoel, dessen Vater Patrick auch für einige Jahre Radprofi war, schon Doppel-Weltmeister bei den Junioren. Genauso furios war sein Einstieg bei den Profis mit WM-Silber im Zeitfahren 2019, ehe ihn ein schwerer Sturz bei der Lombardei-Rundfahrt 2020 mit einem Beckenbruch zu einer neunmonatigen Pause zwang.

Die deutschen Fahrer waren im WM-Rennen chancenlos. Georg Zimmermann, dem am ehesten noch eine vordere Platzierung zugetraut wurde, kam 74 Kilometer vor dem Ziel zu Fall. Damit gab es für den Bund Deutscher Radfahrer in den Eliterennen keine Medaille. Am Samstag hatte Liane Lippert trotz einer starken Leistung mit dem vierten Platz im Frauen-Rennen beim Sieg der Niederländerin Annemiek van Vleuten einen Podestplatz knapp verpasst. Die 24-Jährige aus Friedrichshafen hatte auch im Mixed-Teamzeitfahren mit dem deutschen Team Platz vier belegt.

Von Michelle Ostwald und Stefan Tabeling, dpa