Maximilian Arnold ließ sich seine Begeisterung durch nichts zerstören. Seine Frau habe ihm die Champions-League-Hymne schon einmal während des Sommerurlaubs am Swimmingpool vorgespielt.
Aber die Gänsehaut, die er in jenem Moment bekommen habe, sei «ein Scheißdreck» im Vergleich zu den Emotionen am Dienstagabend im Stadion selbst gewesen, sagte der Mittelfeldspieler des VfL Wolfsburg nach dem 0:0 beim französischen Meister OSC Lille.
Nun passt dieses Gefühl des Rauschs auf den ersten Blick nicht so ganz zu einem mauen Spiel, in dem der Tabellenerste der Fußball-Bundesliga keine einzige Torchance besaß und am Ende nur deshalb nicht verlor, weil der Video-Schiedsrichter erst ein Tor (48.) und in der siebten Minute der Nachspielzeit auch noch einen Foulelfmeter für die Franzosen wieder aberkannte.
Arnold schwärmt von Königsklasse
Doch es mag Großclubs geben, die die Champions League gern durch eine geschlossene europäische Superliga ersetzen würden. Oder Zuschauer, die sie mangels Empfangbarkeit im Free-TV gar nicht mehr verfolgen. Aber für einen Spieler wie Arnold – 27 Jahre, 255 Bundesliga-Spiele, immer nur an der Schwelle zur deutschen Nationalmannschaft – ist dieser Wettbewerb nach wie vor das Größte. Die Hymne der Champions League, sagte er im Stade Pierre Mauroy von Lille, «ist die schönste Musik, die man beim Fußball hören kann. Es ist glücklich, dass wir hier 0:0 gespielt haben. Aber wir sind zufrieden damit.»
Arnold war schon im April 2016 dabei, als der VfL im Viertelfinale nach einem 2:0-Hinspiel-Sieg noch mit 0:3 gegen Real Madrid und Cristiano Ronaldo verlor. Damals war definitiv mehr Spektakel als in Lille. Aber damals bahnte sich auch der zwischenzeitliche Absturz des VW-Clubs in den Jahren 2017 und 2018 schon an. Stars wie Kevin de Bruyne (Manchester City) hatten nicht in Wolfsburg bleiben wollen. Teure Neuzugänge wie Julian Draxler fühlten sich dort nie wohl.
Gefestigte Wolfsburger
Verglichen mit jener Zeit wirkt das VfL-Gebilde aktuell deutlich stabiler und breiter aufgestellt. Dass junge Spieler wie Maxence Lacroix oder Ridle Baku irgendwann noch einmal woanders hingehen, ist bewusst mit eingepreist. Dazu sind die Wolfsburger aktuell so gefestigt, dass sie selbst an einem schlechten Tag und nach einem Platzverweis für ihren Abwehrspieler John Anthony Brooks (62./Gelb-Rot) noch einen wichtigen Punkt mit nach Hause nehmen.
«Auf dem Platz stand eine Mannschaft, bei der man sieht: Gegen die gewinnt man nicht so leicht», sagte Trainer Mark van Bommel über sein Team. «Wenn man gegen den französischen Meister 35 Minuten lang in Unterzahl spielt und einen Punkt holt, dann muss man zufrieden sein.»
Am Sonntag (19.30 Uhr/DAZN) geht es in der Bundesliga gegen Frankfurt weiter. Dann kehrt auch der neue Eintracht-Coach Oliver Glasner zum ersten Mal nach Wolfsburg zurück. Der Österreicher hat den VfL in die Champions League geführt. Er hat ihm in zweijähriger Detailarbeit auch jene Abwehrstärke vermittelt, von der sein Ex-Club in Lille noch profitierte. Mark van Bommel soll das Spiel nun «auf die nächste Stufe heben» (Geschäftsführer Jörg Schmadtke).
Und das Spiel in Lille zeigte eben auch, dass die Wölfe dabei noch nicht so weit sind, wie es die Ergebnisse der ersten vier Bundesliga-Spiele vielleicht suggerierten. «Wir müssen auf dem Boden bleiben», sagte Josuha Guilavogui. «Na klar haben wir in der Bundesliga vier Spiele gewonnen. Aber Champions League ist noch einen Schritt darüber.»
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