Mit diesem royalen Tipp hätte Harry Kane für die Reise in seine Wahlheimat Deutschland nicht unbedingt gerechnet. Unmittelbar vor dem Abflug Richtung Erfurt schaute Prinz William bei Bayern-Star Kane und Englands Fußballern in Burton-on-Trent vorbei.
Der Thronfolger präsentierte in seiner Funktion als Präsident des englischen Fußballverbandes FA nicht nur die Trikots der 26 Profis – er hatte sich zuvor auch bei seinen Kindern erkundigt, welche Botschaft er den Three Lions überbringen solle.
«Der beste Hinweis, den ich bekommen habe, war, dass ihr doppelt so viel essen sollt wie normal. Ich stelle mir jetzt vor, wie ihr alle mit riesigen Bäuchen über das Spielfeld lauft», berichtet William scherzhaft zum Vorschlag seines sechsjährigen Sohnes Louis und erntete dafür ein paar Lacher von den lauschenden Profis.
Ein Erfolg ist nur der Titel
Landung in Erfurt, öffentliches Training in Jena, danach weitere Einheiten im DFB-Vorbereitungscamp in Blankenhain und am Sonntag (21.00 Uhr/ZDF/MagentaTV) zum Turnierstart in Gelsenkirchen gegen Serbien: Kanes Tour durch Deutschland startet nach durchwachsener Vorbereitung und einem 0:1-Flop gegen Island abwechslungsreich. Und mit jeder Menge Druck: Nationaltrainer Gareth Southgate knüpfte seine Zukunft bereits vor dem Turnier an eine erfolgreiche EM. Und eine erfolgreiche EM heißt drei Jahre nach der bitteren Niederlage im Endspiel: Eine, die mit dem Silberpokal am 14. Juli in Berlin endet.
Denn der Makel der Three Lions, die seit dem WM-Titel 1966 auf einen Triumph warten, ist längst auch zu einem Makel von Kane geworden. Zwar hat der 30 Jahre alte Ausnahmestürmer allerlei persönliche Auszeichnungen gewonnen und Bestmarken aufgestellt. Einen bedeutenden Titel aber hat er im fortgeschrittenen Fußballer-Alter nicht gewonnen – nicht mal beim FC Bayern.
«Natürlich ist er deswegen gekommen. Es gibt eigentlich keinen Platz auf der Welt, wo ein Titel derart garantiert ist wie bei Bayern München», sagte Ex-Nationalspieler Owen Hargreaves der Deutschen Presse-Agentur über den 100-Millionen-Euro-Transfer im vergangenen Sommer.
«Ich bin ein Gewinner»
Kane, mit 63 Toren aus 91 Länderspielen Englands Toptorjäger, ist noch unvollendet. Doch in der fußballverrückten Heimat gibt es – im Gegensatz zu Southgate oder der oft wackligen Defensive – keinerlei Zweifel am Kapitän. Und auch Kane selbst hat in all den titellosen Jahren keineswegs das Selbstbewusstsein verloren. «Ich bin ein Gewinner, und das ist immer so, egal, was ich mache. Ob auf dem Spielfeld oder bei einer Schachpartie mit meinen Mitspielern, ich will immer gewinnen. Dieser Modus setzt immer ein, egal, was ich tue», sagte der Vater von vier Kindern in einem von der FIFA veröffentlichten Interview.
Das Turnier in Deutschland ist bereits das fünfte, bei dem Kane im Mittelpunkt steht. Bei der WM 2018 in Russland spielte er sich als Torschützenkönig ins Rampenlicht. 2022 in Katar führte er England mit starken Leistungen zwar an, verschoss aber beim Aus im Viertelfinale gegen Frankreich einen wichtigen Elfmeter. Southgate hofft darauf, dass Kane von seinem Wechsel nach Deutschland profitiert.
Lederhose und Löwe
«Für ist ihn ist die Erfahrung und die Umstellung, für einen großen Verein zu spielen, wo man jede Woche gewinnen muss, gut. Das müssen unsere Spieler spüren – denn das ist unsere Welt», sagte Southgate der «Sport Bild». In der Tat führen die Buchmacher England neben Frankreich als Titelfavoriten. Das liegt auch daran, dass in Jude Bellingham bereits ein Nachfolger für Kane bereitsteht. Der gerade einmal 20 Jahre alte Champions-League-Sieger wird langfristig als Kapitän und Aushängeschild der Three Lions gehandelt.
Kane und Bellingham eint, dass sie nicht nur für ihren Fußball geschätzt werden. Die Integration des Engländers in München verlief rasant, schon nach wenigen Wochen war er in Lederhose zu sehen. Dass er bei einem Fanclub-Besuch den Löwen, das Wappentier des Rivalen TSV 1860, als sein Lieblingstier bezeichnete, verziehen ihm die Bayern-Fans schmunzelnd. Und im Club sind sowieso alle angetan. «Ich habe mit vielen Leuten bei Bayern gesprochen. Die waren alle positiv von ihm überrascht, auch außerhalb des Platzes. Er ist einfach ein Gentleman», sagte Hargreaves.
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