24. November 2024

Sport Express

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Planung der Heim-EM auf dem «Silbertablett»

Julian Nagelsmann gibt nicht nur auf dem Trainingsplatz den Ton an. Der neue Bundestrainer reklamiert auch bei den logistischen EM-Planungen die Chefrolle für sich. Bald müssen Entscheidungen fallen.

Von seinem Hier-und-Jetzt-Prinzip muss sich Julian Nagelsmann gleich wieder verabschieden. Die Konzentration ausschließlich auf die sportlichen Belange der Fußball-Nationalmannschaft ist für den Bundestrainer vorbei.

Mit der Rückkehr aus Amerika am Donnerstag beginnt auch die Phase der logistischen Planung für die Zeit vor und während der Heim-EM 2024. Hineinreden lassen will sich der neue Chefcoach dabei ganz sicherlich nicht. «Ich werde mich dann einklinken, wenn Entscheidungen zu treffen sind», sagte Nagelsmann vor seinem zweiten Länderspiel im Amt am Mittwoch (2.00 Uhr/ARD) gegen Mexiko. «Die Entscheidungen werde ich auch treffen», fügte der 36-Jährige an. 

Testspielgegner, Trainingslager, Teamquartier – viele Dinge müssen noch festgezurrt werden, damit das Sommermärchen 2.0 vom 14. Juni bis 14. Juli 2024 Realität werden kann. Seit dem zum Mythos aufgestiegenen Campo Bahia als Domizil beim WM-Sieg 2014 in Brasilien, aber noch viel mehr seit den Fehlgriffen mit dem Hotel im Wald von Watutinki in Russland 2018 und der einsamen Zulal-Oase in Katar im Vorjahr ist die Bedeutung einer durchdachten Turnier-Logistik offenkundig.

EM-Gruppenauslosung am 2. Dezember

Hierarchisch hat DFB-Sportdirektor Rudi Völler diese Aufgaben von Oliver Bierhoff übernommen. Nagelsmann macht aber klar, wie wichtig ihm das Thema selbst ist. «Da habe ich keine Zweifel, dass der DFB da gute Ideen schon jetzt hat und mir das schon demnächst vorlegt. Dann kann ich meinen Daumen heben oder senken. Stand jetzt werde ich ihn eher heben als senken», sagte der 36-Jährige. Beim DFB gäbe es viele Mitarbeiter, «die mir das auf dem Silbertablett präsentieren», äußerte der Bundestrainer. 

Die EM kommt schneller, als manchem bewusst ist. Viele Stellschrauben gibt es nicht mehr. In diesem Jahr stehen vor der EM-Gruppenauslosung am 2. Dezember in Hamburg nur noch die Tests gegen die Türkei (18. November) in Berlin und gegen Österreich (21. November) in Wien an. Im EM-Jahr werden in der zweiten März-Hälfte zwei weitere Testspiele bestritten. Orte und Gegner sind noch nicht bekannt. Traditionell geht es in dieser Planungsphase gegen sportliche Schwergewichte, zum Beispiel vom Kaliber Holland oder Frankreich.

Die heiße EM-Vorbereitung beginnt dann nach dem Saisonende in der Bundesliga mit einem Trainingslager, inklusive zwei weiterer Testspiele. Die Gegner werden klassischerweise erst ausgesucht, wenn auch die EM-Gruppengegner fix sind. Sie sollen möglichst Blaupausen der Turnierkontrahenten sein.

EM-Quartier nicht im Ausland

Nagelsmann wünscht sich für das Trainingslager «absolute Ruhe». Dem Vernehmen nach wird es nicht wie zuletzt üblich ins Ausland gehen. Der EM-Gastgeber bereitet sich in der Heimat vor. Noch nicht verkündet ist, aber als gesichert gilt, dass während des Turniers wieder der Home Ground von Ausrüster Adidas in Herzogenaurach bezogen wird. Ein schlechtes Omen? Dort wohnte und trainierte die DFB-Elf auch schon während der EM 2021 und während der Länderspiele im Sommer 2022. In Summe gab es in acht Spielen nur zwei Siege.

Nagelsmann wird es aber kaum Jürgen Klinsmann gleichmachen und das Quartier noch kippen. Vor dem Sommermärchen 2006 verfügte der große Bundestrainer-Reformer, dass man nicht wie von seinem Vorgänger Völler angedacht im Bergischen Land, sondern mitten im Turnier-Herz Berlin wohnen werde. Eine radikale Richtungsentscheidung – damals. 

In der Hauptstadt kann der DFB-Tross 2024 allerdings gar nicht wohnen. Die UEFA-Regularien besagen, dass jedes Team, um Reiseaktivitäten gering zu halten, in dem regionalen Cluster verweilt, in dem die Gruppenspiele stattfinden. Für Deutschland ist das die Süd-Region mit den ersten drei Partien in München (14. Juni), Stuttgart (19. Juni) und Frankfurt (23. Juni). Nach Berlin als Spielort geht es frühestens im Achtelfinale und bestmöglich im Finale am 14. Juli. Dafür würde Nagelsmann garantiert den Daumen heben.

Von Arne Richter und Klaus Bergmann, dpa