22. November 2024

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Pizza-Hunger, Freude und Frust: Haug Dritte auf Hawaii

Sie kämpfen, sie leiden. Für den Sieg auf Hawaii reicht es nicht. Anne Haug wird Dritte, Laura Philipp Vierte bei der Ironman-WM. In einem schweren Rennen triumphiert eine Überraschungssiegerin.

Anne Haug und Laura Philipp hatten vor allem einen Wunsch: Pizza essen.  «Fett, salzig, ungesund», betonte Philipp, aber Haug schwante schon Böses: Vor drei Jahr hatte sie auf Tiefkühlkost zurückgreifen müssen.

Dass sie ihren Titeltriumph von 2019 am Donnerstag in Kailua-Kona nicht wiederholen konnte, zügelte weder ihren Appetit noch trübte es die Laune der 39 Jahre alten Profi-Triathletin aus Bayreuth.  «Wenn man alles gegeben hat, ist man immer mit allem zufrieden. Und ein Podestplatz ist immer genial», betonte Haug.

Haug wird Dritte – Philipp Vierte

Dritte wurde sie bei der Rückkehr der Ironman-Weltmeisterschaft nach Hawaii und holte damit bei ihren bisher vier WM-Teilnahmen jeweils eine Medaille (1 Gold, 3 Bronze). Der nach einem unglücklichen Rennverlauf mit einer Zeitstrafe mehr denn je undankbare vierte Rang ging an Philipp. «Fünf Minuten können lange sein, vor allem wenn man der Meinung ist, dass man das nicht verdient hat», sagte die 35 Jahre alte Heidelbergerin. 

Ob sie ohne die Strafe auf dem Rad der Sensationssiegerin hätte nahe kommen können, ist offen. Die Amerikanerin Chelsea Sodaro brillierte bei ihrem WM-Debüt und ihrem erst zweiten Ironman und lief nach bereits starken Leistungen über die 3,86 Kilometer Schwimmen und die 180,2 Kilometer Radfahren ihre Konkurrentinnen über die finalen 42,2 Kilometer in Grund und Boden. Sie gewann in 8:33:46 Stunden. Und das nur rund anderthalb Jahre nach der Geburt ihrer Tochter, die sie im Ziel mit in Empfang nahm. «Es ist wirklich hart, nach einem Babyjahr zurückzukommen», sagte die 33-Jährige: «Ich bin ein Mensch, ich muss mit all den Sachen klarkommen wie jede andere Frau auch nach einer Schwangerschaft.» 

Auf Rang zwei kam – mal wieder – Lucy Charles-Barclay, wie schon 2017,  2018 und 2019. «Dieser zweite Platz zählt definitiv mehr als die anderen, er fühlt sich an wie ein Sieg», sagte die Britin aber, die im Mai bei der Nachhol-WM in St. George wegen einer Stressfraktur in der Hüfte gefehlt hatte.  Auf Sodaro fehlten ihr gut sieben Minuten, auf Haug hatte sie nicht mal eine Minute Vorsprung. «Es war so quälend für den Kopf, Lucy vor sich zu sehen, aber nichts machen zu können», sagte Haug, die als Siebte auf die Laufstrecke gewechselt war. 

Den Marathon absolvierte sie in unter drei Stunden, die 2:57:57 Stunden reichten aber nicht, im Ziel sackte sie völlig entkräftet zusammen und brauchte sogar Hilfe, um sich hinzulegen.  «Ich hab‘ mich echt nicht so knusper gefühlt», beschrieb sie danach im ZDF das Gefühl auf der Laufstrecke. Haugs Problem: Nach einem sehr guten Schwimmen, wie es auch Philipp hingelegt hatte, wollte sie auf dem Rad den Kontakt zur fünfmaligen Weltmeisterin und Mitfavoritin Daniela Ryf nicht abreißen lassen und «musste so viele Körner» lassen. 

Laura Philipp sauer über die Zeitstrafe

Ryf brach dann auf der Laufstrecke ein, Haug kämpfte. Auch angefeuert vom dreimaligen Weltmeister Jan Frodeno, der wegen einer Verletzung am Samstag beim Rennen der Profi-Männer nicht starten kann und sich kurzerhand als leidenschaftlicher Volunteer verdient machte. 

Eine Aufholjagd startete auch Philipp. Warum sie auf dem Rad in die Strafbox musste, wollte ihr die Schiedsrichterin, die ihr die fünf Minuten Zwangspause aufgebrummt hatte, nach eigenen Angaben nicht erklären. «Ich war echt sauer», betonte die Heidelbergerin, die als Inhaberin der Ironman-Weltbestzeit angetreten war. Ehemann und Trainer Philipp Seipp hatte von einem mittleren Desaster gesprochen. 

Von Platz zehn auf dem Rad kämpfte sich aber auch Philipp weiter vor und freute sich trotz Strafenfrust darauf, beim kommenden Rennen der Profi-Männer mal Zuschauerin zu sein. Zum ersten Mal in der Ironman-Geschichte wird die WM in zwei Rennen ausgetragen, weil durch die beiden coronabedingten Ausfälle 2020 und 2021 doppelt so viele Teilnehmer startberechtigt sind wie sonst. «Vielleicht können wir Mädels uns ja treffen und den Männern beim Leiden zusehen», schlug sie in der Pressekonferenz mit den besten fünf Profi-Frauen vor – Pizza gibt’s dann bestimmt auch.

Jens Marx, dpa