Es ist still geworden um den einstigen Welttrainer Otto Rehhagel. Seit Jahren lebt er mit Ehefrau Beate in seiner Geburtsstadt Essen. Hier wuchs der gelernte Maler und Anstreicher auf, hierhin zog es ihn immer wieder zurück. Öffentliche Auftritte aber vermeidet Rehhagel, der an diesem Mittwoch 85 Jahre alt wird, mittlerweile weitestgehend. Es sind die besonderen Dinge, die er sich nicht entgehen lässt, wie das 25-jährige Jubiläum der sensationellen Meisterschaft des 1. FC Kaiserslautern im Mai.
Bei der Feier auf dem Betzenberg sieht er fast so fit und munter wie noch mit 70 aus. Er verzichte auf Mittagessen, trinke nur selten ein Glas Wein und Bier nur nach großen Triumphen, hatte er einst auf die Frage geantwortet, wie er sich so gut in Form halte.
«Modern ist, wer gewinnt»
«Er ist für mich einer der größten Trainer, die ich je kennengelernt habe – und ich habe eine ganze Menge kennengelernt», sagte Willi Lemke der Deutschen Presse-Agentur. 14 Jahre (1981 bis 1995) prägten Lemke als Manager und Rehhagel als Coach eine einzigartige Ära in der Geschichte des SV Werder Bremen. Sie holten zwei deutsche Fußball-Meisterschaften, zwei Pokalsiege und den Europapokal der Pokalsieger. «Otto ist einer der ganz, ganz großen Welttrainer gewesen», sagte Lemke.
Rehhagel war dabei schon immer speziell und eigen. Genau wie seine Karriere. Seine größten Erfolge zählen noch heute zu den größten Sensationen im Weltfußball. Kaiserslautern führte er 1997 zunächst zurück in die Bundesliga und ein Jahr später direkt zur Meisterschaft – was davor und danach nie einem anderen Aufsteiger in Deutschland gelungen ist.
Wenige Jahre später ist die Überraschung noch ein wenig größer, als er Griechenland 2004 mit einer Mauer-Taktik zum EM-Titel führt. Das «Wie» interessiert ihn allerdings herzlich wenig. So wie immer. Denn: «Modern ist, wer gewinnt.» Nur einer seiner zahlreichen Sprüche.
Rehhagel hat noch nie Wert auf ausgefeilte Taktiken oder besondere Trainingsmethoden gelegt. «Es war ein recht einfaches Training, aber werde mal deutscher Meister mit einem Aufsteiger», sagte sein ehemaliger FCK-Stürmer Miroslav Klose einst über ihn. Auch Lemke kann zu «100 Prozent unterschreiben», dass nicht das außergewöhnliche Training, sondern die Menschenführung Rehhagels größte Stärke gewesen sei.
Rehhagels Sensationen bleiben in Erinnerung
14 Jahre bei Werder seien die Einheiten fast immer gleich gewesen, sagt der 76-Jährige. «Er war kein Trainer, der wissenschaftlich rangegangen ist. Aber es ist ihm gelungen, die Spieler komplett für sich einzunehmen, sie für sich zu gewinnen. Er war manchmal wie ein Vater.»
Auch oder vielleicht vor allem aus diesem Grund bleibt die Laufbahn von Rehhagel bis heute vor allem die Erzählung eines großen Erfolgs. Nur einmal scheitert er so richtig. Nach seinem Abschied von Werder will er sich ab Sommer 1995 beim großen FC Bayern München probieren, das Missverständnis endet noch vor dem Ende der Saison.
Zudem soll er 2012 seinen letzten großen Auftrag erfüllen und Hertha BSC im Alter von 73 Jahren vor dem Abstieg retten, was ihm aber nicht gelingt. Diese Dinge hat heutzutage aber kaum noch jemand im Kopf, wenn man an Otto Rehhagel denkt. Weil seine Sensationen einfach so viel größer waren.
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